Er war ein Glanz in 186 Rollen

Robert Forster in »Jackie Brown« (1997). © Miramax

Sie wären ohne Zweifel ein prächtiges Paar geworden. Es wäre vielleicht nicht so lange gut gegangen, wie wir es uns für sie gewünscht hätten. Eventuell hätte es sogar nur eine Weile gedauert, aber die wäre herrlich gewesen. Ob er Angst vor ihr habe? Fragt sie ihn. Nein, erwidert er. Aber dann räumt er ein, etwas schon. Und dazu vollführt Robert Forster in »Jackie Brown« diese unglaubliche Geste, die einen kleinen Spalt zwischen Daumen und Zeigefinger offen lässt.

1997 gefiel mir diese Geste erst überhaupt nicht. Sie schien mir zu gering, sie war weder elegant noch kongruent. Aber seither geht sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Sie vermisst vielleicht genau jene 17mm, die schon Hildegard Knef zum Glück fehlten. Der Kautionsagent Max Cherry war eine wunderbare Rolle für ihn (und Pam Grier eine wunderbare Partnerin). Der Part ist fast eine Summe seiner Karriere, nicht nur der dreißig Jahre davor, sondern auch der zwei Jahrzehnte, die danach kamen. 186 Titel verzeichnet die IMDb in seiner Filmographie.

Man fühlte sich einfach wohl in Gesellschaft dieses Mannes, der sein Leben auf eigene Weise eingerichtet hat: straßengewieft, aufrecht, einzelgängerisch, aber verlässlich auch in schlechten Zeiten. Einmal spielt der Film auf einen früheren Auftritt von Forster an, in »Der Horror-Alligator«, wo er mächtig unter seinem Haarausfall leidet. In »Jackie Brown« berichtet er, er habe etwas dagegen getan. Das fällt sofort an seinem schütteren Haarschopf auf, aber Forster spielt das mit einer Würde, die nur ein alter Profi wie er ausstrahlen konnte.

Ich mochte ihn immer schon, aber nach dem Film noch mehr. Ein fester Begriff wurde er für mich endgültig Mitte der 70er mit seiner TV-Serie »Nakia, der Indianersheriff«. Er hatte ein gutes Indianergesicht: Es stand nicht für das Fremde. Eine seiner besten frühen Rollen hatte er als Halbblut in »Der große Schweiger«, wo er Gregory Peck und Eva Marie Saint gegen einen Apachen zur Seite steht, der wie ein todbringender Geist seine Ranch belauert. Überhaupt passte sein Gesicht gut in frühere Epochen. In seiner ersten Serie, »Banyon«, spielte er einen Privatdetektiv im Los Angeles der 1930er. Er konnte Hüte tragen, was sich nicht über jeden Schauspieler sagen lässt. »Banyon« lief auch nur eine Staffel, war aber mindestens ebenso gut wie »Nakia«. 

»Der große Schweiger« war kein waschechter Genrefilm – immerhin hat ihn Robert Mulligan inszeniert –, aber die sollten fortan seine Bestimmung werden. Er war robust und sensibel genug dafür. Aber sie fing vielversprechend im Kunstfilm an, dem barocken Stück Südstaatenschwüle »Spiegelbild im goldenen Auge« von John Huston, einem Kompendium mannigfach unterdrückten Begehrens. Im nächsten Jahr spielte er in Haskell Wexlers epochalen »Medium Cool« mit, der ein New Hollywood in Aussicht stellte, das noch viel politischer hätte werden können. Nach »Jackie Brown« interessierten sich plötzlich auch wieder Autorenfilmer für ihn, David Lynch, Michel Gondry und Alexander Payne. Sie wussten, was sie an ihm hatten. Er war ein Glanz auch in schlechten Filmen, von denen er jede Menge drehte: »heroisch zuverlässig« hätte ich seine Präsenz früher genannt, aber längst weiß ich, dass dazu mehr gehört. Schade, dass er nie den Vater von Kyle Chandler gespielt hat, denn der ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Gestern ist Robert Forster im Alter von 78 Jahren an einem Hirntumor gestorben.

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