Paramount+: »Ein Gentleman in Moskau«

»Ein Gentleman in Moskau« (Miniserie, 2024). © Ben Blackall/Paramount+/Showtime

© Ben Blackall/Paramount+/Showtime

Mit Würde durch die Jahre

Das 1905 in Moskau eröffnete Hotel Metropol ist Schauplatz von Legenden, historischen und fiktionalen. 1917 übernahmen die Bolschewisten den Prachtbau in Kremlnähe, gegenüber vom Bolschoi-Theater. Lenin hielt vom Balkon aus Reden, Zimmer wurden zu Wohnungen für Parteimitglieder umgewandelt, andere dienten als Unterkunft für unliebsame Personen. Der deutsche Schriftsteller Eugen Ruge erzählt in seinem 2019 erschienenen Roman »Metropol« von seinen kommunistischen Großeltern, die hier Mitte der 1930er bis zu ihrem Strafprozess ausharren mussten. Drei Jahre vor Ruges Roman war »A Gentleman in Moscow« erschienen, in dem der US-Amerikaner Amor Towles die (allerdings fiktive) Geschichte eines Grafen erzählt, der nach der bolschewistischen Machtergreifung zum Hausarrest in dem Hotel verurteilt wurde.

Der Roman ist nun Vorlage einer achtteiligen Miniserie, in der Ewan McGregor in die Rolle des Adligen schlüpft. Dieser Graf Alexander Illyich Rostov ist im Jahr 1922 gerade aus Paris zurückgekehrt und wird als Klassenfeind prompt vor ein Tribunal zitiert. Da ein revolutionäres Gedicht aus seiner Feder aufgetaucht ist, wird er zunächst lediglich festgesetzt. Im Metropol muss er seine luxuriöse Suite und einen Großteil seiner Besitztümer aufgeben, in die ihm zugewiesene zugige Dachkammer darf er nur das Nötigste mitnehmen. Sollte er das Hotel verlassen, droht ihm die Erschießung. Der Aristokrat mag nie in seinem Leben gearbeitet haben, aber weiß mit Manieren und Eleganz, Bildung und Witz Haltung zu bewahren. Und so richtet er sich in seinem neuen Leben ein, erscheint akkurat gekleidet im Hotelrestaurant zum Dinner, das er mit dem Geld, das er verstecken konnte, ebenso bezahlt wie den regelmäßigen Friseurbesuch. Aus dem Aufenthalt werden Wochen, schließlich Jahre, Rostov bleibt bis Ende der 1950er in dem Komplex.

Während die Welt sich verändert, außerhalb und innerhalb der Hotelmauern, geht das Leben weiter, Bewohner, Gäste und Angestellte kommen und gehen, andere verschwinden, und manche werden über die Zeit Verbündete und Freunde. Und trotz aller Restriktionen und politischer Verfolgung findet Rostov zwischenmenschliche Wärme und sogar Liebe. Das ist nicht subtil, doch immer wieder berührend, in der Romanze mit einer Filmdiva (Mary Elizabeth Winstead) etwa, vor allem aber in seiner fürsorgenden Freundschaft mit der zu Beginn neunjährigen Nina (Alexa Goodall), einem neugierigen Mädchen, das ihn in die geheimen Zimmer des Hotels einweiht. Um es im märchenhaften Tonfall der von Ben Vanstone entwickelten, von Sam Miller und Sarah O'Gorman opulent inszenierten Paramount+-Serie nicht allzu gemütlich werden zu lassen, darf der Gegenspieler nicht fehlen: Der Bolschewist Osip (Johnny Harris) sucht unermüdlich nach einem Grund, den Grafen doch noch hinrichten zu lassen. Wenn man es dann als Zuschauer mit den historischen Fakten nicht zu allzu genau nimmt, lässt es sich im Metropol durchaus eine Weile aushalten.

OV-Trailer

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