Sky: »Search Party« Staffel 5

»Search Party« (Staffel 5, 2022). © Jon Pack/ HBO Max

»Search Party« (Staffel 5, 2022). © Jon Pack/ HBO Max

They feel fine!

Die Zeiten ändern sich radikal, auch für Millennials. Kaum irgendwo lässt sich das mit mehr Schadenfreude und schwarzhumorigem Vergnügen beobachten als in der Comedyserie »Search Party«, die nun mit der fünften Staffel auf ihr Ende zurast. Und was für ein Ende! Aber der Reihe nach, zur Erinnerung und auch für alle, die diese Clique neurotischer Mittzwanziger womöglich noch gar nicht kennen. Denn mit dem Start der neuen wandern auch die ersten vier Seasons, bislang bei TNT, zu Warner TV, wo sie ab sofort verfügbar sind. Und das lohnt sich unbedingt.

Begonnen hatte die Serie 2016 mit Dory (Alia Shawkat), einer orientierungslosen New Yorkerin, die an einer Straßenlaterne eine Vermisstenmeldung einer ehemaligen Collegekommilitonin sah, die keiner so richtig kannte. Doch Dory, mangels anderen erfüllenden Zeitvertreibs, hatte sich in den Kopf gesetzt, dass diese Chantal in Gefahr sei und sie sie finden müsse. Ein Projekt, bei dem ihre Freunde eher unwillig mitzogen, das aber der Serie ihren Titel gab.

Im Laufe der Staffeln gerieten Dory, ihr schlaksig-passiver On-off-Boyfriend Drew (John Reynolds), der schrille Poser Elliott (John Early) und die ewige Schauspielhoffnung Portia (Meredith Hagner) in jede Menge Schlamassel und an allerlei exzentrische Gestalten und schillernde Psychopathen. Es geschahen Morde, Entführungen und Folterungen und die Serie wurde von Staffel zu Staffel abgedrehter und düsterer, ohne ihren sehr eigenen, schrägen Witz zu verlieren. Sie wandelte sich mal zum Gerichtsdrama, mal zum Paranoiathriller. Und ist nun, zum Finale, konsequent bei der Apokalypse angelangt.

Trotz der einen oder anderen Entwicklung ist keine*r der vier wirklich reifer geworden in diesen sechs Jahren, sie sind noch genauso verstrahlte Kindsköpfe, auch wenn nun Dory zumindest glaubt, über allem zu stehen. Und das liegt an genau 37 Sekunden. So lange war Dory tot nach dem Brand im Keller ihres Kidnappers, eine Erfahrung, die sie nun unendliche Liebe spüren lässt. Nichts weniger als den Sinn des Lebens und Erleuchtung hat sie gefunden und will das natürlich, sendungsbewusst, wie sie ist, mit dem Rest der Menschheit teilen. Da kommt der irre Tech-Milliardär Tunnel Quinn (der brillant-exzentrische Jeff Goldblum) gerade recht, um gemeinsam ein Unternehmen zu gründen und ihre frohe Botschaft mit Hilfe von Psychopharmaka und Influencern in die Welt zu bringen. Dory wird zur Lichtgestalt eines Kults und zieht in ihrer Besessenheit erneut ihre Freunde mit sich.

Goldblum ist nicht der einzige alte weiße Mann als Neuzugang. Auch Kultregisseur John Waters, der mit 76 Jahren eh gerade einen Lauf hat mit seinem Romandebüt (»Liarmouth«) und der restaurierten Fassung seines 50-jährigen Klassikers »Pink Flamingos«, verkörpert in einer Gastrolle den Betreiber einer Agentur, die reichen Homopaaren für viel Geld Kinder verkauft. Den selbstverliebten Poseur Elliott und seinen nicht minder narzisstischen Lover stattet er mit einem perfiden Neunjährigen aus, der ihnen haushoch überlegen ist und die Hölle heißmacht.

Die Sache mit dem Kult geht derweil gehörig schief, die vermeintlichen Wunderpillen bringen nicht Liebe, Glück und Frieden, sondern verwandeln die Konsumenten buchstäblich in Zombies und damit das »Search Party«-Finale in Zeiten von Pandemie, Klimakatastrophe und Krieg zum passenden Bild für eine Generation zwischen Weltrettungsgestus und Angststarre. Am Ende ist die Gesellschaft nicht erleuchtet, sondern in Hysterie und buchstäbliche Zerfleischung versunken. Ein Bruchteil der Menschheit wird überleben, auch die erstaunlich resiliente Clique scheint es doch wieder unbeschadet zu überstehen. Sie werden sich auf ihre Art anpassen. Es mag das Ende der Welt sein, aber sie fühlen sich fein.

Ganz zum Schluss kommt Dory an einer Straßenmauer vorbei und erblickt, wie zu Beginn der Serie, eine Vermisstenmeldung. Aber diesmal ist es nicht eine einzelne, sondern eine von Hunderten. Sie bleibt kurz stehen und geht dann weiter. Sie muss es nicht mehr zu ihrem Projekt machen. Die Suche ist vorbei.

OV-Trailer Staffel 5

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