DVD-Tipp: »Kidnapping«

»Kidnapping« (Staffel 1, 2019). © Pandastorm Pictures / Martin Dam Kristensen

© Pandastorm Pictures / Martin Dam Kristensen

Verzweiflung und Trauer

Es sind widersprüchliche Eindrücke, die man in den ersten Szenen bekommt. Zum Einstieg dieser dänisch-französischen Serie rennt ein Mann in den mittleren Jahren wie ein Berserker, in besinnungsloser Panik schreiend und um sich schlagend über die Gänge und ins Parkdeck einer Fähre von Dänemark nach Rostock. Einen kleinen Moment nur hat er seine kleine Tochter im Kinderwagen vor der Männertoilette gelassen, um sich zu übergeben, im nächtlichen Sturm. Nur ein paar Sekunden danach ist das Baby weg, der Kinderwagen liegt umgekippt ein Stockwerk tiefer. 

Drei Tage zuvor war Rolf Larsen (Anders W. Berthelsen) noch ein in sich ruhender Angler, liebender Mann, fürsorglicher Vater und bedachter Ermittler in einem Kindsentführungsfall bei der Kopenhagener Polizei. Verzweiflung, Schuld, Trauer heben sein Leben aus den Angeln, seine Ehe geht in die Brüche, er lässt sich auf einen ereignislosen Streifenposten auf dem Land versetzen. Doch fünf Jahre später wird der kalte Fall wieder heiß, es tauchen neue DNA-Spuren auf, andere sind rätselhafterweise verschwunden, Rolf hängt sich wieder rein, seine Kollegen halten ihn für einen Verrückten, der den Tod seines Kindes nicht verwunden hat. Verzahnt ist seine Leidensgeschichte mit der einer jungen  schwangeren Frau, die in die Fänge eines länderübergreifend agierenden Kinderhändlerrings gerät. Das fiktive Szenario von den unbarmherzigen Nonnen weckt Erinnerungen an den realen Fall in Stephen Frears »Philomena«. Die Beharrlichkeit, mit der die beiden an der Suche nach ihren Kindern festhalten, verbindet Rolf und Julita über die Distanz hinweg. Aber da ist noch mehr.

Das Drehbuchgetriebe, das der Däne Torleif Hoppe (der dem Scandic Noir als Autor in den Serien »Die Brücke – Transit in den Tod« und »Kommissarin Lund« ein paar neue Impulse gegeben hat) auf tatsächlich aufgeflogenen Fehlern im dänischen DNA-Register aufbaut, knirscht ein bisschen, während die Parallel-Erzählung unterschwellig Spannung schürt. Großes Vergnügen bereitet es, Charlotte Rampling zum ersten Mal als Mordermittlerin zu erleben. Als Abgesandte der französischen Behörden bringt sie einen süffisant wissenden Unterton in ihre spröde und korrekte Beharrlichkeit. 




VÖ: 3. Dezember 2021

Bestellmöglichkeit (DVD/Blu-ray)

 

 

 


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