DVD-Tipp: »Kalanag – Der Magier und der Teufel« (2022)

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2022
Original-Titel: 
Kalanag – Der Magier und der Teufel
Heimkinostart: 
01.04.2022
L: 
72 Min
FSK: 
6
Ein deutscher Illusionskünstler

Auf der Bühne sonnte er sich im Rampenlicht und begeisterte das Publikum mit Zauberkunststücken, hinter den Kulissen stieg er in der ­Filmbranche über die Arbeit als Aufnahmeleiter zum Chef einer Herstellungsgruppe der Tobis auf, wo er Propagandafilme wie »Der Herrscher« und »Robert und Bertram« verantwortete. 1942 wurde er Produktionschef der Bavaria. Wie kam es, dass Helmut Schreiber, dessen Bühnenname Kalanag lautete, schon 1947 wieder mit einer Revue auf der Bühne stand, dass er mit 30 Mitwirkenden und 70 000 kg Gepäck ab 1950 um die Welt tourte und 1960 in der »Ed Sullivan Show« auftrat? 

Eine deutsche Karriere, die bruchlos von Auftritten vor Nazigrößen (Göring und mehrfach Hitler auf dem Obersalzberg) zum Botschafter des Deutschland nach 1945 führt: Sie dürfte kein Einzelfall sein, hat in diesem Fall aber besonders bizarre Ausprägungen. Der Herr, der sich auf der Bühne so jovial gab, war ein Meister der Anpassung. Schreibers Karriere war Thema der Dokumentation »Verzaubert und verdrängt«, die im vergangenen März in der ARD ausgestrahlt wurde. Als DVD liegt sie jetzt in einer von 47 auf 72 Minuten erweiterten Fassung vor, in der neben sechs Zeitzeugen (darunter seine langjährige Sekretärin) und Fachleuten (etwa der Filmhistoriker Rolf Aurich) zahlreiche Bühnenauftritte ein Bild dieses Mannes geben. Dazu kommt interessantes Bonusmaterial, so der Dokumentarfilm »Nach Südamerika in drei Tagen« (1933), gefilmt aus einem Zeppelin, an dessen Ende es »Heil Deutschland« heißt. Ein Showauftritt, zwei von Schreiber für das »Adenauer-Fernsehen« verantwortete Sendungen und Werbespots seiner Ehefrau und Bühnenpartnerin runden das Bild ab, ein reich illustriertes Booklet stellt Vermutungen darüber an, wieso ihm so schnell eine Entnazifizierung gelang: Er hatte den Amerikanern den Weg zu einem Teil des »Nazigolds« gewiesen, das hochrangige Nazis im Angesicht des nahenden Zusammenbruchs in Bayern versteckt hatten. Ob er etwas für sich selbst abzweigte, bleibt offen. Eine verdienstvolle Veröffentlichung.  




VÖ: 1. April 2022

Bestellmöglichkeit (DVD)

 

 

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