Streaming-Tipp: »Soulmates«

»Soulmates« (Staffel 1, 2020). © AMC

»Soulmates« (Staffel 1, 2020). © AMC

Liebe nach Vorschrift

Was, wenn es auch dafür endlich eine zuverlässige technische Lösung gäbe: den einen Menschen zu finden, der wirklich zu einem passt, den »Seelenverwandten«. Die Serie »Soulmates« basiert darauf. Wenn man die Protagonisten immer wieder ehrfürchtig vom »Test« sprechen hört, begreift man, dass es eine Art Gentest sein muss. Nichts, was von launigen Fragen nach dem bevorzugten Urlaubsort oder dem Lieblingshaustier zurückgeht, sondern eine unhinterfragbare Gewissheit, die jedem Einzelnen wie eingeschrieben ist. In sechs Folgen (eine zweite Staffel ist geordert) entwirft die Serie im »Black Mirror«-Stil Szenarien, was der »Test« (über den man keine Details erfährt) für Folgen haben könnte.

Das Anthology-Format – jede Folge mit unterschiedlichem Ensemble und ohne Überschneidungen in der »Welt« – ist der große Pluspunkt dieser Serie: Alle sechs Episoden sind in ganz unterschiedlicher Tonart gedreht, und mehr noch: Sie interpretieren die Prämisse auch mit sehr unterschiedlicher Philosophie. Grob teilen sie sich in drei leichte und drei eher bedrückende Folgen. Bei zwei der eher heiteren Beiträge hat der deutsche Regisseur Marco Kreuzpaintner Regie geführt – tatsächlich sind es die gelungensten der Serie. In beiden wird nicht nur das Konzept des »Seelenverwandten« unterwandert, sondern auch dessen heteronormativer Rahmen gedehnt oder abgelegt. In »Little Adventures« entdeckt eine glücklich verheiratete junge Frau, dass ihr Soulmate – eine andere Frau ist. Alle drei Betroffenen versuchen sich daraufhin ihren eigenen Reim darauf zu machen, und es ist die Spannung zwischen ihrem eigenen Handeln und den vom »Test« gesetzten Gewissheiten, die die Beziehungsgeschichte sehr realistisch nachvollziehbar macht. 

Den Realismus gibt die Folge »Layover« auf für ein Liebesabenteuer der altmodischen Art: Da flirten an einer Strandbar in einem klischeehaft-schmierigen Mexiko zwei junge Männer »auf der Durchreise« miteinander; der eine davon will weiterfliegen, um sein »Soulmate« zu treffen. Dann fehlen auf einmal Geld und Dokumente und ein wilder »Midnight Run« beginnt. Überdreht und unwahrscheinlich, aber mit dem Herz auf dem rechten Fleck besticht die Folge besonders durch den Charme seiner beiden Hauptdarsteller Bill Skarsgård und Nathan Stewart-Jarrett.

Die drei »schwereren« Folgen aber stellen natürlich die interessanteren Fragen. Um Möglichkeiten des Betrugs und der Rache geht es in »The Lovers«, der zweiten und schwächsten der Folgen, in der sämtliche Überraschungen zugleich Klischees sind. »Break on Through« aber fühlt als echtes Melodrama dem ausbeutbaren Trauma nach, das jene durchleiden, deren »Soulmate« gestorben ist, bevor man sich treffen konnte. In der sechsten, der vielleicht beunruhigendsten aller Episoden, taucht schließlich die Frage auf: Was, wenn unser »Soulmate« etwas über uns verrät, das wir gar nicht wissen wollten? Ein Laster, ein schlechter, sogar böser Charakterzug? Für diesmal fällt die Antwort am Ende doch noch unbefriedigend aus, aber auf die zweite Staffel ist man umso mehr gespannt. 

OV-Trailer

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