Netflix: »Army of the Dead«

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Blut, Schweighöfer und Kugeln

Erste Anzeichen für eine Infektion seien Streitlust und antisoziales Verhalten, trägt der Polizist seiner soeben gefassten Verdächtigen vor. Dann zückt er die Temperaturpistole und zielt auf ihre Stirn... Die Infektion, um die es geht, ist nicht erst 2019 entdeckt worden, sondern dem Kinoliebhaber wohl vertraut: Es handelt sich um das Zombiefieber, übertragbar durch Bisse und leider unheilbar.

Für metaphorische Aufladungen aller Art – als Kritik am Konsumentenkapitalismus, an der Umweltzerstörung, an Polizeistaatsneigungen – erweist sich das Genre immer wieder überraschend empfänglich. In Zack Snyders neuestem Beitrag zum Genre, »Army of the Dead«, sind es die Pandemie-Anspielungen, die zu Beginn besonders aufmerken lassen. »Patient Zero« ist ein bei einem Autounfall in der Wüste von Nevada entlaufener »Alpha-Zombie«, impliziert wird eine Abstammung aus einem Militärlabor. Was unmittelbar darauf folgt, zeigt Snyder (hier selbst hinter der Kamera) in einem gut viertelstündigen Intro: In Las Vegas müssen falsche Elvise, Pseudo-Liberaces und jede Menge Glücksspieler und Touristen erleben, wie sie in der Flut der Zombieleiber untergehen. Die Sequenz ist mit der Snyder-typischen dramaturgischen Großgeste gefilmt und steckt gleichzeitig so voller anspielungsreicher Details auf Medien- und Kulturverhalten, dass sie auch als Satire funktioniert. Während der Score mittels »Viva Las Vegas« eine Prise Häme hinzufügt, stellen Zeitlupen-Aufnahmen (auch diese Snyder-typisch) die Helden des Films vor, zuvorderst Scott Ward (Dave Bautista), der als Vegas-Local nicht nur seinen Teil an Zombies erledigt, sondern auch noch die eigene Frau nach Infektion »unschädlich« machen muss, und das vor den Augen der eigenen Tochter.

Der eigentliche Film setzt im Danach der Katastrophe ein: Man musste den Zombies Las Vegas überlassen; die Stadt wurde eingemauert und mit einer Quarantänezone versehen. Zum Nationalfeiertag soll mit einer »kleinen« Atombombe den Untoten doch endgültig der Garaus gemacht werden. Da erhält Scott, der trotz »Medal of Fredom«- Auszeichnung in einer Fast-Food-Küche schuften muss, ein Angebot: Er soll aus dem Safe eines Hotels die dortgebliebenen 200 Millionen Dollar rausholen. Um Vegas herum hat sich ein Schmugglerwesen herausgebildet, weil Abenteurer verschiedener Art an die vermuteten Bargeldschätze der Stadt heranzukommen versuchen. Vornehmlich unter ihnen rekrutiert Scott ein Team, von dem der Zuschauer natürlich weiß, dass es nicht für alle gut ausgehen wird. Nichts an »Army of the Dead« wirkt besonders neu, dafür aber funktioniert das Bewährte umso besser. Sei es der Vater-Tochter-Konflikt, eine sich in Todesnähe offenbarende Liebeschance oder das schreckhafte Temperament des von Matthias Schweighöfer gespielten Safeknackers – von all dem wird mit einer Sorgfalt erzählt, die man sonst im Genre oft vermisst. Nicht vermissen sollte man den Film auch wegen Tig Notaro, die als abgebrühte Hubschrauberpilotin im Nachhinein in den Film hineingeschnitten wurde, weil die ursprüngliche Besetzung, der Comedian Chris D'Elia, sich wegen sexueller Belästigung unmöglich gemacht hatte.

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