DVD-Tipp: »Das Milliarden Dollar Gehirn« (1967)

»Das Milliarden Dollar Gehirn« (1967)

»Das Milliarden Dollar Gehirn« (1967)

Exzentrischer Agentenfilm

Als er 1965 in »The Ipcress File« die Leinwand betrat, war der britische Geheimagent Harry Palmer noch als »Anti-Bond« angelegt: Frei nach den Romanen von Len Deighton ließ er einiges von der Schäbigkeit des Berufs spüren, ohne so düster zu werden wie im selben Jahr die John-le-Carré-Verfilmung »Der Spion, der aus der Kälte kam«. Kein Travelogue mit wechselnden exotischen Schauplätzen, wie es im Gefolge von Bond die meisten Eurospy-Filme hielten, vielmehr die dunklen Ecken der britischen Hauptstadt ausleuchtend. 

Palmers zweiter Fall, »Funeral in Berlin«, führte ihn ein Jahr später in das Zentrum des Kalten Krieges, das dritte Leinwandabenteuer dagegen in den hohen Norden: Helsinki im kalten Winter ist der vorrangige Schauplatz von »Das Milliarden Dollar Gehirn«, mit Ausflügen nach Litauen und Texas. Dort sitzt der Ölmilliardär General Midwinter, ein fanatischer Kommunistenhasser, der eine ähnliche Phobie hat wie General Ripper in Kubricks »Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben«: Hier hätten die Kommunisten nicht das Wasser, sondern die Luft in San Francisco vergiftet. Der in seinen Diensten stehende ehemalige CIA-Agent Leo Newbegin hat ihm weisgemacht, er hätte 300 bezahlte Agenten in Litauen, wo die Bevölkerung nur darauf warte, sich gegen die kommunistische Diktatur zu erheben – für Midwinter der richtige Zeitpunkt, sie mit seiner eigenen Armee zu unterstützen. Koordiniert werden seine Pläne mit Hilfe des titelgebenden Supercomputers (der allerdings gegen Leos Manipulationen nicht gefeit ist).

Es ist schon Ironie, dass Palmer bei den Verrätern, mit denen er zusammenarbeitet, am ehesten auf seine Nemesis aus dem vorangegangenen Film zählen kann, den russischen Oberst Stok, der am Ende erklärt, Midwinter sei ein Patriot und ein mutiger Mann gewesen – im Krieg bekämen solche Männer Orden, aber in Friedenszeiten seien sie nur dumm. Da ist das große Finale bereits Geschichte, das Ken Russell als Hommage an Eisensteins »Alexander News­ki« inszeniert: das Versinken von Midwinters Armee im brechenden Eis eines Gewässers. »Winter« und »weiß« sind die Schlüsselbegriffe des Films, der den Kalten Krieg in die Kälte Finnlands übersetzt, mit dem Finale und dem Supercomputer dabei auf das ­Überlebensgroße der Bond-Filme zielend. Als kleine Vergnügen sind Donald Sutherland und Susan George in kurzen frühen Auftritten zu entdecken.

 

VÖ: 12. Mai 2021

Billion Dollar Brain USA 1967. R: Ken Russell. Da: Karl Malden, Michael Caine, Susan George. Anbieter: Explosive Media.

Bestellmöglichkeit (DVD/Blu-ray)

 

 

OV-Trailer

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