TV-Tipp: »Der Fall Barschel«

© ARD

am 6.2. um 20:15 Uhr, ARD

Den jungen Journalisten David Burger (Alexander Fehling, »Im Labyrinth des Schweigens«) und Olaf Nissen (Franken-»Tatort«-Kommissar Fabian Hinrichs) ist ein Scoop gelungen. Im Jahr 1987 decken sie auf, dass der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Uwe Barschel (authentisch stammelnd: Matthias Matschke) eine Verleumdungskampagne gegen seinen politischen Kontrahenten Björn Engholm inszeniert hat. Barschel tritt zurück und wird wenige Tage später tot in der Badewanne eines Hotelzimmers in Genf gefunden. 

War es ein »klassischer Bilanzselbstmord«, wie Nissen vermutet? Oder steckt ein »Staatskomplott« dahinter – so Burgers Theorie? Zum Unmut seiner Kollegen stürzt sich Burger in eine aufreibende Recherche. Immer tiefer versinkt er in Intrigen, Verschwörungstheorien und ominösen Hinweisen.

Regisseur Kilian Riedhof imitiert die Optik von Fernsehbildern der späten 80er. Körnige Bilder und waberndes Licht erzeugen den Eindruck, als wäre die Kamera mit einer Patina aus Alt-BRD-Staub überzogen. Die detailliert nachgestellten Pressekonferenzen mit Barschel fügen sich so nahtlos in die fiktiven Szenen ein. Allerdings verzichtet Riedhof weder optisch noch inhaltlich auf Klischees wie Zooms auf vergilbte Unterlagen, lange Gespräche an Uferpromenaden, Treffen in verrauchten Hinterzimmern oder eine mysteriöse Femme fatale (Antje Traue), die ein doppeltes Spiel zu spielen scheint. Geschickt inszeniert er Zeitsprünge. Je weiter die Jahre fortschreiten, desto klarer wird das Bild. Aus Schreibmaschinen werden Röhrenmonitore, aus Ultraschallbildern Kinder, aus zwei deutschen Staaten einer.

Der ARD-Zweiteiler arbeitet sich an großen Vorbildern ab. Der erste Teil erinnert in seiner Buddy-Journalisten-Manier an den Watergate-Film »Die Unbestechlichen«, Teil zwei orientiert sich eher an David Finchers »Zodiac« und Oliver Stones Verschwörungsfilm »JFK«. Mit Schauspielern wie Paula Kalenberg als eifriger Nachwuchsjournalistin, Edgar Selge als wankelmütigem Chefredakteur oder Rolf Lassgård als undurchsichtigem Hinweisgeber ist nahezu jede Nebenrolle prominent besetzt.

Burgers Obsession, den Fall Barschel aufzuklären, führt zur Vernachlässigung seiner Familie, Tablettensucht und paranoiden Anfällen. Es wird immer unklarer, ob er einem ungeheuerlichen Skandal auf der Spur ist oder langsam den Verstand verliert. Stetig zerfasert die Geschichte in neue Stränge, überraschende Wendungen, exotischere Schauplätze und undurchschaubareres Personal. Lediglich das Ende gestaltet Riedhof recht eindeutig. Mutiger wäre gewesen, die wirre Struktur der komplexen Geschichte in Analogie zur Unergründlichkeit des wahren Falls konsequent fortzuführen.

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