Zweimal die Niebelungen: Lang vs. Reinl

Lang vs. Reinl Zweimal die Nibelungen: Fritz Langs Stummfilmversion von 1924 und Harald Reinls Bilderbogen von 1967

Fritz Langs Die Nibelungen (1924) gehört zu den Filmen, die das Bild ­des deutschen Stummfilmschaffens entscheidend und nachhaltig geprägt haben. Das zweiteilige Epos ist zugleich eines der hervorragenden Beispiele, wie die frühe deutsche Filmarchitektur den Stil eines Films prägte. Erstaunlich ist, wie sehr Fritz Lang sich von den möglichen Vorgaben des Wagnerschen »Ring des Nibelungen« absetzt und doch eine beinah opernhafte Stilisierung und Inszenierung erzielt. Dabei überhört man fast, dass die originale Begleitmusik deutlich der gemäßigten Moderne des frühen 20. Jahrhunderts entspringt. Lang verbindet extreme, ja strenge Stilisierung mit kolportagehaften Elementen und erschafft quasi neue Mythen. Eine Mischung, deren Einfluss man bis in die Fantasy von heute verfolgen kann.

Nachdem Jahrzehnte nur unvollständige und schlechte Kopien im Umlauf waren, hatte zunächst der damalige Leiter des Münchner Filmmuseums, Enno Patalas, eine Restaurierung vorgenommen, die das zweiteilige Werk (Siegfried, Kriemilds Rache) nach langer Zeit wieder in seiner Wucht und Grösse erfahrbar machte. Später erfolgte durch die Murnau-Stiftung eine erneute Restaurierung, die vier Jahre dauerte und mit 750 000 Euro die bisher aufwendigste war. 2010 hatte diese Fassung mit der angepassten Originalmusik von Gottfried Huppertz ihre Premiere.

Jetzt hat Universumfilm diese Fassung als Doppel-DVD und Blu-ray in einer Deluxe Edition auf den Markt gebracht, und ein Publikum jenseits von Festivals und Galaveranstaltungen kann sich von der Qualität des Films und der Restaurierung überzeugen, in der im zweiten Teil leider immer noch einige kürzere Stücke fehlen. Was zunächst auffällt, ist die orange-gelbe Einfärbung des gesamten Films. Das hatte den Vorteil, dass die Kontraste der extremen »Schwarz-Weiss-Malereien« der Kamera abgemildert wurden. Die optische Qualität der DVD-Abtastung ist hervorragend und vermittelt eine Ahnung der Leistung der Kameraleute Carl Hoffmann und Günther Rittau. Die Musik ist exzellent angepasst, gespielt und dirigiert, die technische Qualität der DVD-Tonspur hervorragend. Beigefügt ist die Doku Das Erbe der Nibelungen, die interessante Einzelheiten zu Produktion, politischem Umfeld, Vertrieb und Restaurierung enthält. Widersprüchliches tritt zutage, aber vor allem wird deutlich, wie sehr das Schicksal dieser Monumentalproduktion von ihren wirtschaftlichen Implikationen abhing und der künstlerische Aspekt im Hintergrund stand. Die spätere Vereinnahmung durch die Nazis entsprang eher einer Projektion. Sehr erhellend sind auch die Erläuterungen zur Musik. Das sehr knappe Booklet enthält einen kurzen Einführungstext und die Stabangaben. Insgesamt eine sehr schöne Veröffentlichung.

Einen reizvollen Kontrast bietet die hervorragend gemasterte Neuveröffentlichung der Neuverfilmung von 1967 unter der Regie von Harald Reinl, auch bei Universumfilm erschienen. Trotz ­erheblicher Mängel in Regie und Ausstattung, uneinheitlicher Dar­stellerleistung und einiger Längen eine durchaus gelungene und unterhaltsame Mischung aus His­torienschinken, teutonischem Sandalenfilm und der Atmospäre einer Karl-May-Verfilmung. Auch hier merkt man den Versuch, sich von Wagner abzuheben, allerdings gelingt es dem Epos nicht, sich vom Schatten des Stummfilms zu befreien. Zu deutlich registriert man das Unterfangen, es anders zu machen, andererseits verwendet der Film aber immer wieder ähnliche filmische Lösungen. Sehr gelungen sind die Kampfszenen beim Untergang der Burgunder. Die Musik entspricht dem Stil der Monumentalfilme der sechziger Jahre. Die DVD/Blu-ray hat eine hervorragende Bildqualität, und auch die Tonspur lässt nichts zu wünschen übrig. Nach vielen Jahren kann man den bunten Bilderbogen in einem Zustand sehen, der die Farben sprühen lässt.

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