Anke Sterneborg

Filmkritiken von Anke Sterneborg

Heisenbergs Unschärferelation angewendet auf die Liebe, die sich nicht planen lässt, zwischen einer ewig quasselnden Schulsekretärin und einem eigenbrötlerischeren Metzger. Lars Kraume bereitet Caroline Peters und Burkart Klaußner, die das Stück schon auf dem Düsseldorfer Schauspielhaus gespielt haben, eine ganze Stadt als Kulisse, und kann die Bühnenhaftigkeit des Stoffes dennoch nicht ganz abschütteln.
Dank fein austarierter Dialoge und bezaubernd nuancierter Spiellust wird eine legere Einladung zum Apero unter Nachbarn zum vergnüglich bösen, dezent komischen, brillant getimten und immer wahrhaftigen Paartherapietheater, und das so melancholisch nachdenkliche wie befreiend lustige Schweizer Remake einer spanischen Erfolgskomödie zum erfrischenden Vergnügen.
Basierend auf dem gleichnamigen Sachbuch des schwedischen Ökologen und Umweltaktivisten Andreas Malm fächert Daniel Goldhaber die verschiedenen Positionen zum Klima-Aktivismus auf viele Figuren auf, ohne dass es konstruiert wirkt. Die Wut der jungen, sich radikalisierenden Aktivisten pulsiert durch diesen so spannenden wie dringlichen Öko-Heist-Thriller.
Mit einem wahrlich schillernden Bösewicht gelingt es Louis Leterrier, die bewährte Nummernrevue von spektakulären ­Actionszenen in einen erzählerischen Rahmen einzubinden. Eine durch Rom polternde, riesige Kugelbombe und der Showdown am portugiesischen Aldeadávila-Damm liefern große Kinomomente.
Eine Schule als Mikrokosmos der Gesellschaft: Bei İlker Çatak ist das kein theatralisches Lehrstück, sondern ein mitreißendes, fast schon melodramatisches Abenteuer mit großartigen Schauspieler*innen, allen voran die in widersprüchlichsten Gefühlen funkelnde Leonie Benesch.
Das neue gemeinsame Projekt von Matt Damon und Ben Affleck ist tatsächlich ein großer Wurf geworden: ein Sportdrama, das nicht auf dem Feld spielt, sondern in Büros und Konferenzräumen. Und ein Film, der spannend ist, obwohl das Ende bekannt ist.
How to Please a Woman, fragt die Australierin Renée Webster in ihrem Spielfilmdebüt, und erzählt mit liebenswertem Charme von der Gründung einer auf die erotischen Bedürfnisse der Kundinnen abgestimmten Reinigungsfirma und zugleich von der sexuellen Befreiung der Gründerin.
Nach Marie Kreutzer in »Corsage« entwirft nun auch Frauke Finsterwalder in »Sisi & Ich« eine Art Anti-Sissi, zeigt nicht die junge Kaiserin, sondern die alternde, und hinter dem historischen K+K-Märchenflor die sehr aktuelle Realität einer Frau, die sich gegen gesellschaftlichen und höfischen Druck auflehnt.
In der Verfilmung von Isabel Bogdans gleichnamigem Romandebüt wird das Rätsel des toten Pfaus zur Krimiposse und die Teambildungsmaßnahme im schottischen Herrenhaus mit einem illustren Schauspielerensemble zum heiteren Gesellschaftsspiel um Political Correctness im Zeitalter der Wokeness.
In seinem Regiedebüt verlegt Vasilis Katsoupis das Subgenre »Ein Mann allein gegen widrige Umstände« von der Wildnis in ein hypermodernes New Yorker Luxus-Penthouse, das für einen smarten Kunstdieb zum gläsernen Käfig wird und Willem Dafoe eine schauspielerische Tour de Force abverlangt.

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