DVD-Tipp: »Die Scharfschützen« (1993-2008)

»Die Scharfschützen« (Serie, 1993-2008). © Pidax

»Die Scharfschützen« (Serie, 1993-2008). © Pidax

Ein Offizier und Gentleman

Mit 16 Episoden von jeweils rund 100 Minuten Länge, Drehorten in der ­Ukraine, der Türkei, Portugal und ­Indien widerlegt die britische Produktion »Die Scharfschützen« den verbreiteten Irrtum, epische Fernseherzählungen seien erst um die Jahrtausendwende aufgekommen. Die Serie stellt in diesem Punkt kein Unikum dar.

Die Historienserie basiert auf einem umfangreichen Roman- und Kurzgeschichten­zyklus von Bernard Cornwell. Cornwell schickte den Soldaten Richard Sharpe durch die napoleonischen Kriege und zu den indischen Kolonialtruppen. Die Serie beginnt mit dem Feldzug Sir Arthur Wellesleys, des späteren Duke of Wellington, in Portugal. Sein Ziel: die französische Armee aus Spanien vertreiben und nach Frankreich vordringen. Der Grenadier Richard Sharpe rettet Wellingtons Leben und genießt daraufhin dessen – allerdings nicht unbegrenzte – Gunst. Wenn es seinen Plänen dient, schickt Wellington seinen Mann in ein Selbstmordunternehmen.

Wie die Romane rankt sich die Serie um historische Ereignisse, folgt Schlacht um Schlacht, erzählt zudem von Sharpes privaten Angelegenheiten. Der im Armenhaus aufgewachsene Held steigt in der Rangfolge, doch Offiziere von Adel akzeptieren ihn nicht, demütigen und diffamieren ihn. Den Respekt seiner Untergebenen muss er sich verdienen. Mit dem Wortführer Harper prügelt er sich, später werden die beiden die besten Freunde. Sharpe bleibt auf der Seite der Mannschaften; er legt sich nicht selten mit Vorgesetzten an.

Die Autoren und Regisseur Tom Clegg lassen keinen Zweifel an der Grausamkeit des Krieges. Abstumpfung und Verrohung zur Unmenschlichkeit werden nicht als Fehlverhalten Einzelner hingestellt, sondern als systemische Wirkung und – ­aus Warte der Kommandierenden – teils kalkulierte Voraussetzung des Krieges. Blut fließt, Sympathiefiguren sterben, hungernde Soldaten marodieren, um sich schadlos zu halten.

Sharpe, gespielt von Sean Bean, findet Wohlgefallen bei den Frauen, ist aber kein Schürzenjäger. Er heiratet, wird Witwer, heiratet nach langer Trauerzeit erneut, wird aber auch mit dieser Ehe nicht glücklich. Auch Frauen haben führende Rollen inne, wie folgender Dialog belegt. Gräfin Josefine zu Sharpes Gefährtin Teresa: »Sie haben Glück, ihn zu haben.« Kommandantin Teresa: »Er hat Glück, mich zu haben.«

Zwischen 1993 und 2008 zeigte das britische Fernsehen zwei bis drei Folgen pro Jahr, jede ein abgeschlossenes Abenteuer und doch konsekutiv angelegt. Der Kampf gegen Napoleon endet in Waterloo. Zwischendurch unternimmt Sharpe Abstecher nach England, nach Ende seiner Laufbahn findet er sich ­bereit, einen in Indien vermissten Soldaten zu suchen. Was er abgelehnt hätte, handelte es sich nicht um seinen alten Kameraden ­Patrick Harper.

Statistenheere, Freiluftschauplätze, Spezialeffekte – ­die Serie kann sich in jeder Hinsicht mit Kinofilmen gleichen Budgets messen. Dort aber wäre diese Produktion als Fortsetzungsgeschichte solchen Umfangs nicht möglich gewesen. In diesem Punkt war das Fernsehen dem Kino immer schon voraus.



Die Scharfschützen GB 1993-2008 R: Tom Clegg. Da: Sean Bean, Daragh O'Malley, John Tams, Brian Cox. Anbieter: Pidax.

VÖ: 30. Januar 2025

Bestellmöglichkeit (DVD-Box)

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