Kritik zu Dreamgirls

© Paramount Pictures

2006
Original-Titel: 
Dreamgirls
Filmstart in Deutschland: 
01.02.2007
Heimkinostart: 
21.06.2007
L: 
134 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Eddie Murphy und Jamie Foxx in der Adaption des Broadway-Hits

Bewertung: 4
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Kein Zweifel, Bill Condons Musical »Dreamgirls« ist Hollywoodkonfektion in seiner reinsten Form. Basierend auf dem überaus erfolgreichen Achtzigerjahre-Broadway-Musical haben wir es hier mit einem aufwändig produzierten Starvehikel zu tun, das eine »wahre« Erfolgsstory mit Massenappeal erzählt: Auch wenn es nie ausgesprochen wird, so beschreibt »Dreamgirls« die Geschichte von Diana Ross und ihrem Gesangstrio »The Supremes«, das unter der Ägide der legendären Detroiter Motown Records in den Sechziger- und Siebzigerjahren traumhafte Chart-Erfolge feierte und schwarze Musik endlich auch in den weißen Clubs und Varietés salonfähig machte. Das wird, gemäß der Bühnenvorlage, alles ziemlich versöhnlich, um nicht zu sagen geschichtsverfälschend erzählt – so machte etwa die früh gefeuerte Leadsängerin der »Supremes« in Wirklichkeit keine Solokarriere, sondern starb einsam und verarmt.

Trotzdem ist Condons Film auf den zweiten Blick mehr als eine weichgezeichnete Bühne für den angesagten Jungstar Jamie Foxx als Motown-Gründer Berry Gordy, jr. (im Film »Curtis Taylor, jr.« genannt) und die noch angesagtere Popsängerin Beyoncé Knowles als Diana Ross (im Film »Deena Jones«). Denn bei allem Glamour erzählt »Dreamgirls« bei genauerem Hinsehen keine sagenhafte Aufsteigerstory, sondern – ganz unamerikanisch – vielmehr eine Geschichte vom Scheitern, von moralischem und künstlerischem Ausverkauf. Um Erfolg zu haben, müssen die schwarzen Stars sich den Hörgewohnheiten des weißen Publikums anpassen. Der »Soul« ihrer Songs weicht einer massenkompatiblen Seichtigkeit – im Grunde gibt uns der Film nach den ersten zwei, drei Liedern fast nur noch trivialen Pop zu hören. Es braucht keine interpretatorischen Fähigkeiten, um darin auch einen Kommentar auf das aktuelle Musikgeschäft zu sehen. Ob die auch äußerlich immer »weißer« anmutende Beyoncé Knowles wirklich begriffen hat, dass sie mit ihrer austauschbaren Stimme zur Symbolfigur geldgieriger schwarzer Selbstverleugnung stilisiert wird?

Von solch schönen Seitenhieben abgesehen funktioniert »Dreamgirls« aber auch – und nicht zuletzt – als pures Entertainment erstaunlich gut. Der Film hat Glamour und im Gegensatz etwa zum überschätzten »Chicago« sind die mitreißenden Song-and-Dance-Nummern nicht nur eine Illustrierung der Geschichte – sie erzählen die Geschichte. Vor allem die Newcomerin Jennifer Hudson, die ihre gefeuerte Leadsängerin Effie mit einer sehr schön austarierten Mischung aus Trotz, Stolz und Verletzlichkeit verkörpert, überrascht mit einer Stimme, einem Sex-Appeal und einer Präsenz, die sie zum heimlichen Star des Films macht. Und Eddie Murphy beweist nach den beiden »Nutty Professor«-Filmen einmal mehr, dass er zu den großen Charakterdarstellern des amerikanischen Kinos gehört: Sein James »Early« Thunder ist mit Pompadour-Frisur und Glitzerkostüm und später mit Strickmütze im Edelhippie-Look eine flamboyant-melancholische Mischung aus James Brown, Jackie Wilson und Marvin Gaye – ein Rebell im Herzen, der an den rassistischen und kapitalistischen Mechanismen seines Metiers zerbricht. Zu Recht wurden Hudson und Murphy bei den Golden Globes als »Beste Nebendarsteller« geehrt – bei den Oscars Ende Februar dürfte es nicht viel anders ausgehen. Obwohl man sich bei dieser Gelegenheit einmal mehr fragen könnte, weshalb afroamerikanische Akteure offenbar nur dann eine Chance auf höchste Hollywood-Ehren haben, wenn sie Musiker (»Ray«), Sportler (»Jerry Maguire«, »Ali«), oder Monstren (»Training Day«, »Last King of Scotland«) verkörpern. Aber das ist eine andere Geschichte.

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