Isabel Coixet über ihren Film »Learning To Drive«

Ihr Film wirkt so entspannt, dass man annehmen könnte, die Dreharbeiten seien einfach gewesen, zumal im Vergleich mit Ihrem danach gedrehten Film »Nobody Wants the Night«, der in der Antarktis spielte und die diesjährige Berlinale eröffnete.

Da haben Sie absolut recht. Dies war ein wirklich angenehmer Dreh. Es dauerte allerdings einige Zeit, bis er stattfand, denn die Vorlage hat mir Patricia Clarkson bereits vor acht Jahren bei den Dreharbeiten zu »Elegy« gegeben.

Das war eine Kurzgeschichte?

Eine Mischung aus Kurzgeschichte und Essay, erschienen vor 12 Jahren im "New Yorker". Mittlerweile ist sie Unterrichtsgegenstand an den Universitäten. Dieser autobiografische Text sprach mich sofort an, auch weil ich selbst damals gerade Fahrstunden nahm. Nach acht Jahren fanden wir dann zwei Produzenten, die bereit waren, den Film zu machen.

Würden Sie sagen, dass acht Jahre eine außergewöhnlich lange Zeit waren?

Wir waren mehrfach kurz davor, den Film zu machen. Aber es ist nun einmal kein Superhelden-Film und auch keine klassische Liebesgeschichte, vielmehr ein Film, der nicht einfach zu etikettieren ist. Jeder Stoff, der jenseits des Gewohnten liegt, braucht seine Zeit. Selbst ein so angesehener Regisseur wie Martin Scorsese bekommt das zu spüren.

Mit Ihren Hauptdarstellern Ben Kingsley und Patricia Clarkson hatten Sie bereits bei »Elegy« zusammengearbeitet. Beide haben auch Theatererfahrung. Ist die Arbeit mit ihnen deshalb ähnlich?

Patricia hat sehr viel mehr Theatererfahrung als Ben. Für ihn ist das Physische ausschlaggebend, etwa: wie seine Figur den Turban wickelt, wie sie sich bewegt. Achten Sie einmal auf seinen Gang – der ist hier vollkommen anders als in »Elegy«. Patricia entwickelt ihre Figuren dagegen von innen her – sie will ganz genau wissen: an welchem emotionalen Punkt ist sie in diesem Augenblick der Geschichte?

Das heißt, Sie arbeiten mit beiden auch getrennt vor Drehbeginn?

Ja, mit Ben bin ich etwa zu verschiedenen Sikh-Zeremonien gegangen.

Im Film ist Wendy schockiert, als sie von seiner arrangierten Ehe erfährt. Ich war ebenfalls überrascht, denn er erschien mir nicht integriert in seine neue Heimat New York, sondern er ist ja eigentlich auch ein Intellektueller, der in seinem Heimatland als Universitätsdozent gearbeitet hat.

Das war für viele Zuschauer schockierend. Manchmal funktionieren diese arrangierten Ehen, manche werden aber auch schnell wieder geschieden,

Was passiert dann? Gehen die Frauen wieder zurück in ihre alte Heimat?

Möglicherweise. Vergessen wir aber nicht, dass es arrangierte Ehen zwischen Erwachsenen sind. Wie Wendy am Ende zu ihm sagt: "Du hast eine Frau zuhause. Es liegt an Dir, Dich darum zu kümmern, dass das funktioniert."

Sie haben schon Martin Scorsese erwähnt. Ich war überrascht, im Nachspann zu lesen, dass Thelma Schoonmaker Ihren Film geschnitten hat, denn sie hat seit vielen Jahren ausschließlich seine Filme montiert.

Sie wollte gerne einmal etwas anderes machen, etwas Leichteres und Schnelleres. Sie las das Drehbuch, wir trafen uns und verstanden uns auf Anhieb. Wir drehten nur mit einer Kamera und nur fünf Wochen lang, entsprechend benötigte sie nur einen Bruchteil der Zeit von Martys Filmen.

Haben Sie versucht, sie auch für Ihren Nachfolgefilm zu gewinnen?

Nein, denn da war sie schon wieder für Marty eingespannt. Aber ich treffe sie demnächst in New York, wenn »Learning to Drive« in den USA startet. 

Sie führen bei Ihren Filmen auch selber die Kamera...

Ja, das gibt mir mehr und unmittelbare Kontrolle.

Hat sich diese Arbeit verändert durch das digitale Drehen?

Nicht sehr. Ich musste es einfach lernen. Die Kameras sind zwar leichter, aber nicht viel, denn wenn Sie erst einmal Objektive und Filter angebracht haben, ist der Unterschied nicht mehr so groß.

Haben die amerikanischen Gewerkschaften Ihnen dabei anfangs Steine in den Weg gelegt?

Mein Director of Photography musste unterschreiben, dass er ebenfalls an dieser Arbeit beteiligt ist, dann ging es.

Das Interview führte Frank Arnold

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