Kritik zu Zwischen uns der Fluss

© Real Fiction Filmverleih

Die Auseinandersetzungen um den Bau der Waldschlößchenbrücke in Dresden nimmt Michael Klier zum Anlass, von einer schwierigen Freundschaft zweier sehr unterschiedlicher junger Frauen zu erzählen

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Im Jahr 1994 beschloss die Stadt Dresden den Bau der Waldschlößchenbrücke über die Elbe. Es war der Beginn eines jahrelangen Streits, der bis zur Fertigstellung 2013 anhielt, begleitet von Protesten vor allem von Umweltschützern. Am Ende blamierte sich die Stadt in gewisser Weise sogar, da Dresden wegen des Brückenbaus der Weltkulturerbe-Titel aberkannt wurde. Der Film »Zwischen uns der Fluss« setzt mit Aufnahmen der damaligen Bauarbeiten ein. Es ist ein Protestvideo, in dem Alice (Lena Urzendowsky) erklärt, dass der Bau gestoppt werden muss. Kurze Zeit später sieht man Alice, wie sie Sozialstunden verrichten muss. In einer psychiatrischen Klinik soll sie sich um Cam (Kotti Yun) kümmern, die nach einem rassistischen Überfall dort eingeliefert wurde und verstummt ist. Alice versucht zu ergründen, was mit Cam passiert ist. Nach anfänglicher Ablehnung öffnet diese sich ihr und als sie die Klinik verlässt, zieht sie bei Alice ein.

»Zwischen uns der Fluss« zeigt das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Welten. Alice kommt aus reichem Haus und wohnt als Studentin in einer vornehmen Dresdner Villengegend. Gleichzeitig ist sie als Aktivistin aktiv und lehnt sich gegen ihren eigenen Vater auf, der als Architekt maßgeblich für den Bau der Waldschlößchenbrücke verantwortlich ist. Cam wiederum wurde aus ihrer Wohnung geworfen und ist durch den Überfall traumatisiert. Doch während es zunächst so scheint, als müsste Alice sich um Cam kümmern, wendet sich das Blatt im Laufe der Zeit in die andere Richtung. 

Regisseur Michael Klier arbeitete für die Entwicklung der Szenen eng mit den Hauptdarstellerinnen zusammen, die entsprechend auch als Autorinnen genannt werden. Gestaltet ist das Ganze minimalistisch, ein wenig wirkt es wie das Experimentieren mit Spiel- und Darstellungsformen, bei denen es oft um Sprachlosigkeit und fehlende Kommunikationsfähigkeit geht. Zunächst ist es Alice, die Cam mit Fragen löchert, während die Kamera immer wieder Cams stummes Gesicht zeigt, später ist es dann Alice, die nicht über ihre Gefühle sprechen möchte, etwa über ihr gestörtes Verhältnis zur Mutter. So ist es das Schweigen, das sich als Stilmittel durch den Film zieht.

Auch die Erzählstruktur lässt immer wieder Lücken. Themen wie der Aktivismus von Alice und die Rassismuserfahrungen von Cam werden lediglich angerissen, ebenso die schwierigen familiären Hintergründe sowie Alice und Cams Partnerschaften, mit denen sie jeweils nicht glücklich sind. Die Auslassungen wirken wie Parallelen zum szenischen Motiv der Sprachlosigkeit. Die immer wieder auftauchende Elbe wiederum kann als Metapher gelesen werden, als Barriere, die es zu überqueren gilt, was im Fall der Brücke nicht wirklich überzeugend gelungen ist. Als Grundkonstellation sind diese Motive interessant, doch es fehlt die konsequente Fortführung einer Handlung. So überzeugt »Zwischen uns der Fluss« weniger als größere Geschichte, sondern mit den einzelnen Szenen einer besonderen Freundinnen-Dynamik sowie den facettenreichen Impressionen von Dresden.

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