Kritik zu Unbroken
In ihrer zweiten Regiearbeit reist Angelina Jolie zurück in den Zweiten Weltkrieg und erzählt die Überlebensgeschichte von Louis Zamperini, einem ehemaligen US-Olympioniken, der in japanische Gefangenschaft geriet
Auch in ihrer zweiten Regiearbeit nach In the Land of Blood and Honey zieht es Angelina Jolie wieder in den Krieg. Zeigte ihr Debüt die Brutalität des Bosnien-Konfliktes aus der Frauenperspektive, reist Unbroken zurück in den Zweiten Weltkrieg und erzählt die Überlebensgeschichte des Amerikaners Louis Zamperini (Jack O’Connell), der nach einem Flugzeugabsturz 47 Tage in einem Schlauchboot auf dem Pazifik treibt und danach in japanische Gefangenschaft gerät. Zu Beginn springt der Film mitten hinein in die Enge eines B-24-Bombers, der unter Beschuss feindlicher Jagdflugzeuge gerät. Meisterhaft orchestrieren Jolie und Kameramann Roger Deakins dieses Luftgefecht und vermitteln ein deutliches Gefühl für den klaustrophobischen Raum der Flugzeugkabine, in dem Crew, Funker und MG-Schützen umeinander klettern, während immer neue Gewehrsalven durch das dünne Metall schlagen.
In diesen ersten Filmminuten wird auf geradezu atemberaubende Weise die Fragilität der menschlichen Existenz in Zeiten des Krieges spürbar. Aus dem Flugzeug blendet Unbroken zurück in Louis' Jugend. Als Kind der Wirtschaftsdepression gerät er in jungen Jahren auf die schiefe Bahn, raucht, trinkt, stiehlt und läuft ständig vor den Ordnungshütern davon. Genau darin erkennt der ältere Bruder ein Talent und schließlich schafft es Louis als Langstreckenläufer bis zur Olympiade nach Berlin. Der Krieg beendet die Sportlerkarriere, aber das Durchhaltevermögen, das er sich als Läufer angeeignet hat, wird ihm von großem Nutzen sein. Als sein Flugzeug über dem Pazifik abstürzt, treibt Louis mit zwei anderen Kameraden mehr als sechs Wochen auf offener See, nur um kurz vor dem Verhungern von einem japanischen Patrouillenboot aufgelesen zu werden. Im Gefangenenlager regiert ein Kommandant (gespielt von dem japanischen Pop-Star Miyavi), der den bekannten Olympialäufer zum Objekt seiner sadistischen Gewaltfantasien auserkoren hat.
Es ist unfassbar, was dieser Louis Zamperini alles über sich ergehen lassen muss, und Jolie lotet die Exzesse sehr gründlich aus. Zu gründlich leider, denn als Zuschauer flüchtet man sich zunehmend in eine Abstumpfung hinein. Der Film endet mit der Befreiung aus dem Lager. Dabei fängt dort, wie man aus dem Abspann erfährt, eigentlich eine viel interessantere Geschichte an. Denn nach psychologischer Betreuung und seiner Hinwendung zum christlichen Glauben engagierte sich Zamperini für die Versöhnung mit dem ehemaligen Kriegsgegner und traf sich mit vielen seiner Peiniger in Japan. Über diesen Prozess des Umdenkens hätte man gern mehr erfahren und dafür auch auf ein paar Folterminuten verzichtet.
So bleibt Unbroken das Heldenporträt eines Mannes, der sich nicht unterkriegen lässt. Solch »inspirierende« Geschichten sind im amerikanischen Kino zu Hause, und Jolie erzählt ihre Story in einem klassischen Format mit herausragendem handwerklichem Geschick. Inhaltlich aber bleibt der Film (an dessen Drehbuch die Coen-Brüder mitgearbeitet haben) weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.
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