Kritik zu Pan's Labyrinth

Trailer englisch © Warner Bros. Pictures

Bürgerkrieg und Magie: der neue Film von Guillermo del Toro

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Guillermo del Toro gehört neben Alejandro Iñárritu und Alfonso Cuarón zu jenem mexikanischen Trio, das seit einigen Jahren mit kraftvollen, unkonventionellen Dramen das internationale Kino aufmischt. Nun hat der Horror- und Splatter-Aficionado nach »Blade 2« und »Hellboy« mit Produzent Alfonso Cuarón einen Film gedreht, der angeblich schon seit 20 Jahren in ihm rumorte. Doch bereits 2001 hat del Toro in »The Devil's Backbone« (hierzulande nur auf DVD erschienen) den spanischen Bürgerkrieg aus Kindersicht betrachtet und Historisches mit Übernatürlichem gekreuzt.

1944 reist die zwölfjährige Ofélia mit ihrer hochschwangeren, kranken Mutter zu ihrem neuen Stiefvater Vidal, einem Hauptmann der frankistischen Armee. Auf einem entlegenen Militärposten in Nordspanien bekämpft er mit seiner Truppe im Wald versprengte Partisanen, ohne zu wissen, dass er deren Spione im Haus hat. Währenddessen wird das verträumte Mädchen von einer Libelle in einen labyrinthischen Garten gelockt, in dem ein gehörnter Faun – der Gott Pan – sie als Prinzessin begrüßt. Die moosige Kreatur stellt ihr drei Aufgaben, die sie vor Vollmond erfüllen muss.

Anders als bei »Alice im Wunderland« gehen Ofélias Abenteuer im magischen Paralleluniversum bruchlos in den realen Albtraum über, in dem Capitan Vidal mit schrankenloser Grausamkeit gegen die Guerilla wütet. Ofélias modriges Untergrundreich mit schleimigen Kröten, Geheimschlüsseln, Miniaturfeen à la Tinkerbell und Büchern mit Blutflecken wie Rorschachtests spiegelt die Oberwelt und wirkt auf diese ein: So gibt ihr der zwielichtige Pan eine sich wie ein Embryo räkelnde Alraune für die kranke Mutter, und aus mit Zauberkreide gezeichneten Türen kann das Kind der Gefangenschaft Vidals entkommen. Die wahre Bestie ist natürlich nicht das blicklose, Menschen verschlingende Glatzenmonster, das Ofélia verfolgt und Goyas Antikriegsbild »Saturn« nachgebildet ist, sondern der Stiefvater.

Instinktiv erkennen sich das großäugige, stille Mädchen, das in Haushälterin Mercedes, einer Verbündeten der Partisanen, eine Vertraute findet, und der martialische Militär als Todfeinde. Sergi López als Hypermacho verkörpert diesen autoritären Zwangscharakter mit leicht freudianischen Untertönen als die Essenz von Faschismus und Chauvinismus, als sadistischen Killer, der seine hilflose Frau mit kalten Augen als Gebärmaschine betrachtet und der besessen ist von seinem zukünftigen Sohn.

Als Allegorie des Faschismus, gesehen durch die Augen eines Kindes, ist die Fabel gerade durch ihre Fantasyelemente klar und überzeugend, aber auch in der Darstellung realer Blutbäder nicht zimperlich. Doch Gewalt um der Gewalt willen wird ebenso vermieden wie ein Übermaß an Special Effects. Mit einer den Gemälden von Odilon Redon entlehnten schauerromantischen Kulisse in Chiaroscuro inszeniert del Toro ein unheimliches Spektakel, dessen vermeintlich träger Rhythmus den Zuschauer erst einlullt und dann in ein Wechselbad aus Entzücken und Entsetzen stürzt. Ein Märchen für Erwachsene, das in seiner gewagten Mischung aus Politik und poetischer Fantasy so kompromisslos grausam und herzzerreißend ist, wie Märchen ursprünglich gemeint waren.

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