Kritik zu My Beautiful Country

© Movienet

In Sonnengelb erzählt Michaela Kezele in ihrem Debüt von Kindern, die sich blaue Fahrräder wünschen, und vom Kosovo-Krieg, der von der Liebe träumt

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Kosovo, 1999. Für ihr Debüt hat sich Michaela Kezele nicht gerade das handlichste Sujet ausgesucht: Serben und Albaner unentwirrbar in Grenzkämpfe verstrickt. Kaum eine Familie, dies- und jenseits des Flusses Ibar, die nicht Opfer zu beklagen hätte. Hass wird als bleierner Pfand von Generation zu Generation weitergereicht. Tausende von Flüchtlingen verlassen das Land. Die Nato-Bombardements lassen die Zahl weiter steigen. Ein Krieg in Europa, und doch so fern wie alle Bilder von damals aus den Nachrichten.
 
In diese Kulisse pflanzt Kezele die Geschichte einer unmöglichen Liebe. Danica (Zrinka Cvitesic), eine schöne Witwe und Mutter zweier traumatisierter Söhne, Vlado und Danilo, verliebt sich in den Albaner Ramiz (Misel Maticevic). Ein UCK-Soldat, der angeschossen auf der Flucht vor der Folterlust serbischer Militärs bei ihr Unterschlupf sucht. Sie pflegt ihn gesund, die Söhne nehmen skeptisch zu dem Fremden Kontakt auf. Und siehe da, irgendwann hüpft ihr im Schrecken eigentlich verstummter Jüngster ausgelassen mit dem Genesenden durchs Zimmer und begleitet eine Volksweise wild mit der Luftgitarre. Doch das Glück ist zu zart für diese Zeiten. Die Nachbarin verpetzt den Versteckten an die serbischen Häscher. Ramiz muss fliehen.
 
Die größere Tragödie ereignet sich jedoch auf einem Nebenschauplatz. Die gefundenen Patronen, mit denen Danilos Freundin spielt, sind radioaktiv verstrahlt. Die Kinder nehmen, anders als die Erwachsenen, Freundschaft wichtiger als die Regeln des Krieges. Deswegen verschwindet der kleine Danilo über die Grenze und sucht seine Freundin im albanischen Krankenhaus. 
 
Wenn der Verstand im Anblick des Terrors versagt, muss das Gefühl oder das Kind es richten. So haben sich schon viele Filme vorm Hintergrund unmenschlicher Vernichtungs­arien in die Utopie gerettet. Das kann gut gehen, wenn es dem Schlachtfeld universelle Ansichten zum menschlichen Abgrund abgewinnt. Ansonsten hat der Krieg im Kino leicht etwas Frivoles. Hunger und Wunden als Make-up-Herausforderung. Folter und Vergewaltigungen als durchchoreografiertes Grauen. Michaela Kezele, die in München als Tochter einer Serbin und eines Kroaten geboren wurde, verzichtet auf umfangreiche Schlachtengemälde und auch auf jede ästhetische Geste des vermeintlich Faktischen. Ihre Bilder sind eher verspielt und, aller Zerstörung zum Trotz, lieblich. In Sequenzen mit erinnerungswarmem Teint erzählt sie vom Krieg im Kosovo als Gott sei Dank ferne Erinnerung. Da gibt es die Kasperletheater-bösen serbischen Soldaten oder die herzensguten, an der Grenze entlang flanierenden Huren. Und natürlich Kinder, die von blauen Fahrrädern träumen. Doch man findet leider nichts, was über das Offensichtliche hinausweist. Alles ist gleichschwingend erzählt, im Timbre jener Geschichten, die in der Schnulze das Grauen verdauen. Vielleicht würde man dem seufzend folgen, könnte man zwischen Zrinka Cvitesic und Misel Maticevic sich tatsächlich etwas entspinnen sehen. Doch es bleiben, erst nacheinander geschnittene, dann in ein Bild gezwängte Schauspielergesichter, die versuchen, ihren Job zu erledigen.

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