Kritik zu Mit eigenen Augen

© Real Fiction Filmverleih

2020
Original-Titel: 
Mit eigenen Augen
Filmstart in Deutschland: 
11.11.2021
L: 
110 Min
FSK: 
12

Wie entsteht eigentlich ein investigatives Politmagazin wie zum Beispiel »Monitor«? Eine Antwort auf diese Frage will der Dokumentarfilm von Miguel Müller-Frank geben, aber nicht ausformulieren

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Der Film beginnt mit der Abmoderation einer Sendung des Politmagazins »Monitor«. Aber etwas stimmt nicht. Wir sehen den Moderator von der Seite, wie er frontal in die Kamera spricht, zu den Tagesthemen überleitet und das Publikum verabschiedet. Wir sind mit dabei, nicht live, aber doch näher als die Zuschauer vor den Bildschirmen. Denn wenn die Kameras im Studio ausgehen, bleibt die des Dokumentarfilmers Miguel Müller-Frank noch an, folgt dem Moderator durch die tristen Gänge hinter dem Studio bis zum Aufzug und in die Redaktion. Spätestens dann weiß man, was der Film will. Er will offenbaren, wie ein investigatives Magazin entsteht, ohne es auszusprechen. 

Denn nun dokumentiert er die dreiwöchige Entstehungszeit einer neuen Ausgabe von »Monitor«. Hinter den Kulissen im WDR arbeitet ein umfangreiches Team an neuen Themen und Geschichten. Zwei davon werden sich im Laufe des Films als Kernthemen der neuen Sendung herausstellen. Zum einen ein Skandal im Saarland: Dort hat ein Kinderarzt in einer Klinik über Jahre Kinder missbraucht. Selbst als er überführt war, hat man die Eltern der betroffenen Kinder nicht benachrichtigt, um einen bundesweiten Skandal zu vermeiden. Das andere Thema ist bereits in aller Öffentlichkeit. Es geht um den Mord an Walter Lübcke und die Frage, ob Stephan E. ein Einzeltäter war oder nur die sichtbare Spitze eines langfristig und unermüdlich agierenden Netzwerks? Beide Themen werden tragender Teil der Sendung, beide entstehen in mühsamer Kleinarbeit. Zeugen werden gesucht, Gutachten in Auftrag gegeben, Enttäuschungen verarbeitet und schließlich wird, allen Sorgen zum Trotz, pünktlich wieder live gesendet. 

Was Miguel Müller-Frank durch eine bis zur Perfektion gelungene Zurückhaltung suggeriert, dass wir dem ganz normalen Alltag in einer Redaktion beiwohnen, ist natürlich nicht so. Wir sehen nicht mit »eigenen Augen«, was in Köln diskutiert wird, wie die Redakteure sich verhalten und zu ihren Themen kommen. Denn alle wissen zu jeder Zeit, es ist eine Kamera mit im Raum und verhalten sich dementsprechend. Und wir wissen, Miguel Müller-Frank sitzt nach dem Dreh noch lange im Schnitt, um das entstehen zu lassen, was wir dann mit eigenen Augen sehen können, einen Film, dessen Gestaltung wir nicht bestimmen. Vielleicht hätten wir gern mal in eine andere Ecke des Raumes geblickt? Aber nehmen wir ruhig einmal an, dieser Film entspricht tatsächlich einer erfahrbaren Wirklichkeit. Was sehen wir dann? Einen von Männern dominierten und letztlich unglaublich langweiligen Redaktionsalltag. All die Enthüllungen, die Aufreger und die Skandale stecken in der Sendung. Dass man dahinter nicht zaubern kann, ist quasi jedem klar. Wie banal aber diese Abläufe sind, wie unspektakulär, harmlos und ungefährlich die Recherche, wie gering der Mehrwert dieser Erkenntnis, das zeigt der Film mit großer Geste. Als wäre es ein Thriller, zählt er die Tage bis zur nächsten Sendung runter. Nur will sich die Anspannung, die er damit anstacheln will, einfach nicht auf den Zuschauer übertragen.

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