Kritik zu Mein bester Feind

© Neue Visionen Filmverleih

Wolfgang Murnberger, bekannt geworden mit seinen lakonisch-prägnanten Verfilmungen der Krimis von Wolf Haas, versucht sich an einem etwas schrilleren Genre, der Nazikomödie

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Von Chaplins »The Great Dictator« bis zu den »Inglourious Basterds« spielen Nazi-Komödien gerne und lustvoll mit der Vertauschung von Täter- und Opferrollen: Einsames Meisterstück dieses Subgenres ist immer noch Lubitschs »Sein oder Nichtsein«, wo polnische Provinzdarsteller um ihr Leben falsche Nazis spielen. In Radu Mihaileanus »Train de vie« gibt sich ein ganzes Schtetl als Deportationszug aus, um der wirklichen Deportation zu entgehen. Jetzt kommt mit »Mein bester Feind« eine neue Variante solcher Doppelspielerei ins Kino, angerichtet von Wolfgang Murnberger und besetzt mit einem Bouquet deutsch-österreichisch-schweizer Darsteller um Moritz Bleibtreu, Marthe Keller, Ursula Strauss und Georg Friedrich.

»Mein bester Feind« amalgamiert den Verstellungsplot mit einem (zuletzt ähnlich in Dani Levys »Mein Führer« genutzten) Motiv, das den im KZ sitzenden jüdischen Kunsthändlerssohn Victor Kaufmann zum dringend benötigten Helfer einer diplomatischen Mission der Wiener Nazis macht. Denn Kaufmann kennt (zumindest denkt man das) als einziger Überlebender das Versteck einer wertvollen Michelangelo-Zeichnung, die die neue Elite zur positiven Gestaltung ihrer Italien-Beziehungen dringend braucht. So wird Victor in einer Geheimaktion aus dem Lager geschafft – und schafft es dann auf dem Transport durch Chuzpe und aberwitziges Glück, sich selbst in eine Gestapo-Uniform zu befördern und seinen Bewacher in die Häftlingskluft. Dass der auch einmal sein bester Freund war, gibt der Geschichte pikante Schärfe. Schon bald geraten die beiden in die Kommandostellen deutscher Macht und auf dem Weg in die erhoffte dauerhafte Freiheit wird Victors Schauspielkunst hart auf die Probe gestellt.

Die von Paul Hengge nach einer eigenen Romanvorlage geschriebene Filmerzählung fängt 1938 mit der Vorgeschichte dieser verratenen Freundschaft an. Murnberger, der in Deutschland vor allem mit seinen Wolf-Haas-Verfilmungen bekannt wurde, inszeniert das als üppig ausgestattete Historienfarce mit einigen cartoonhaften Übertreibungen und einer im deutschsprachigen Komödienwesen seltenen Präzision. Der verwicklungsreichen Durchführung hilfreich ist dabei, dass neben dem Original auch noch zwei Fälschungen der Michelangelo-Zeichnung in Umlauf geraten und Victors Geliebte Lena sich in dessen Exvilla als Ehegattin des Überläufers Rudi (Georg Friedrich) breitmacht.

Moritz Bleibtreus Babyface mag man den KZ-Häftling nicht ganz abnehmen, den falschen Nazi liefert er aber mit viel Spielwitz brillant. Begeisternd Georg Friedrich, der den Wandel vom loyalen Ziehsohn der Kaufmanns zum nazistischen Verräter und Nach-Nazi-Wendehals wie selbstverständlich hinlegt und so durchaus vorhandene Lücken in der Motivation dieser Figur überdeckt. Die resultieren aus dem einzigen wirklichen Handicap des Films: der Zeichnung der Familie Kaufmann selbst, die einfach zu bruchlos positiv daherkommt, um glaubwürdig zu sein – und Rudis gestörtes Seelenleben zu motivieren. Die Romanvorlage war da interessanterweise noch kritischer. Schade, ein bisschen mehr Klassenbewusstsein hätte gut getan.

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