Kritik zu La Singla

© Rise and Shine Cinema

Regisseurin Paloma Zapata macht sich auf die Suche nach der legendären Flamencotänzerin Antonia Singla, die nach einer erfolgreichen Karriere in den 60er Jahren lange Zeit völlig von der Bildfläche verschwand

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Sie tanze aus Wut, sagt die Flamencotänzerin Antonia Singla. Das glaubt man dem trotzigen Ausdruck ihres Gesichts und den rhythmisch stampfenden Füßen sofort. Dabei lächelt die 1948 in eine Gitano-Familie in Barcelona geborene und nach einer Krankheit früh ertaubte Antonia als Kind geradezu auffällig fröhlich. Die in ihrer Umgebung allgegenwärtige Musik konnte sie trotz (oder gerade wegen) ihres Handicaps mit anderen Sinnen aufnehmen und machte sich in den einschlägigen Lokalen von Barcelona schon mit zwölf Jahren als unkonventionelle Tänzerin einen Namen. Anfang der 1960er war »La Singla« dort Teil einer Boheme um den Impresario und Galeristen Paco Rebés. Bald darauf gab die als Reinkarnation der 1963 verstorbenen Flamencolegende Carmen Amaya Gerühmte ihr hauptstädtisches Debut in der Madrider Tablao »Los Califas«. Dann begann mit einer von den deutschen Konzertagenten Horst Lippmann und Fritz Rau organisierten Tournee mit dem »Festival Flamenco Gitano« durch Deutschland und Europa auch ihre internationale Karriere. 

Die spanische Regisseurin Paloma Zapata wurde durch Archivmaterial neugierig auf die Geschichte von La Singla und versucht, den Ambivalenzen dieses Lebens in einer persönlich kommentierten semidokumentarischen Filmrecherche auf die Spur zu kommen. Dabei übernimmt im Film aus unklar bleibenden Motiven die Darstellerin Helena Kaittani in spielfilmartig inszenierten Szenen die Rolle der Rechercheurin. Handlungstreibendes Motiv des Films ist dabei ein rätselhafter Bruch im Leben von La Singla, die Ende der 1960er plötzlich von der öffentlichen Bildfläche und auch aus dem Blick ihrer ehemaligen FreundInnen und KollegInnen verschwand, nachdem sie mit dem Jazzposaunisten Albert Mangelsdorff das Stück »Never Let It End« aufgenommen hatte. 

Im Web behaupteten manche, Singla sei verstorben. Doch die Rechercheurin mag dies nicht glauben und macht sich genregemäß auf die Spuren der Legende. Es ist wohl nicht zu viel verraten, dass sie irgendwann auch wirklich mit Singla spricht. Dabei ist verständlich, dass die Frau, die sich ins Privatleben zurückgezogen hat, nur ungern Intimitäten aus der Vergangenheit preisgibt. Dennoch entsteht der Eindruck, dass der Film zu zurückhaltend mit seinen GesprächspartnerInnen umgeht und die Montage sachliche Leerstellen mit eingeschobenen Tanzszenen und langsamen Zooms auf Singlas Augenpartie emotional überspielt. So wird die Rolle des heftig an Antonias Karriere mitmischenden Vaters zwar sichtbar, bleibt aber verschwommen: Wenn Antonia etwa erzählt, wie sie während der Tourneen von den anderen Künstlern isoliert gehalten wurde, müsste man dringend nachbohren. Oder, wenn nichts kommt, eben andere der damals Beteiligten befragen. Ähnlich ist es an vielen Stellen. Dennoch ist »La Singla« ein starker Film über eine starke Künstlerin und Frau. Und nebenbei lässt sich im Rückblick sehen, wie mit dem Transfer der Musik aus den lärmenden Tavernen vor das bürgerliche Publikum deutscher Konzerthäuser das Leben aus ihr entweicht.

Meinung zum Thema

Kommentare

Als ich das Kino verließ, war ich erbost, wie man heutzutage noch einen solchen Film machen kann über eine Frau, deren Talent allein von Männern ausgebeutet wurde. Wie schafft man es, so viele blinde Flecken nicht auszuleuchten? Verschwimelter Kitsch über eine so starke Frau von einer etwas zu eitlen Journalistin. Und wieder wird dieser Tänzerin nicht gerecht. Der Missbrauch als Quelle ihres Tanzes? Wie kann man das heute noch so erzählen? Fragend...

Finde es sehr gut , daß diese hervorragende Tänzerin , die ich 1975 live im Torre Gran bei L'Estartit erleben durfte , zumindest nicht in Vergessenheit gerät , deshalb fand ich den Film und die Recherche gut. Zur vorherigen Kritik folgendes , das Interview mit Antonia Singla fand unter der Vorraussetzung statt , daß nur über das Tanzen und nicht über die private , persönl. Vergangenheit gesprochen würde . So hab ich es in dieser Doku. zumindest verstanden , was auch respektiert werden sollte.

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