Kritik zu Hard Powder

© Studiocanal

Vorsicht, Wiederholung: Hans Petter Moland dreht seinen eigenen Film noch mal – und plötzlich kommt sein schwarzer norwegischer Humor ziemlich fad rüber

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Die englischsprachige Wikipedia hat sich tatsächlich die Mühe gemacht, die US-Remakes internationaler Kinoproduktionen zusammenzutragen. 21 Ursprungsländer und mehrere Hundert Filme sind dort versammelt, allerdings mit dem lapidaren Hinweis, die Liste sei nicht vollständig. Ein schneller Blick über die Titel zeigt, dass Hollywood sich schon seit der Einführung des Tonfilms regelmäßig fremdsprachige Werke einverleibt, dass die meisten Vorlagen aus Frankreich und Deutschland stammen – und dass es sich aus der Perspektive des Kritikers in neun von zehn Fällen empfiehlt, das Original anstelle der Neuauflage zu schauen. Ganz egal, wird jeder US-Produzent erwidern: Hollywood ist eine Wiederholungsmaschine, kein Innovationsbetrieb.

Gerade mal vier norwegische Filme stehen auf der Liste (darunter »Pathfinder« und »Insomnia«), und nun kommt mit »Einer nach dem anderen« ein fünfter hinzu. Die schwarze Actionkomödie, 2014 von Hans Petter Moland gedreht, wäre ironischerweise ohne den transatlantischen Transfer selbst kaum denkbar. Moland wandelt darin ganz unverhohlen auf den Spuren der Coen-Brüder. Die Geschichte eines unbescholtenen Vaters, der nach dem Tod seines Sohnes einen blutigen Rachefeldzug startet, erzählt er mit genau jener Mischung aus grotesker Überhöhung und coolem Zynismus, wie sie seit dem frühen Quentin Tarantino im amerikanischen Gangsterkino gang und gäbe ist. In handwerklicher und schauspielerischer Hinsicht kann der Film es obendrein mit jedem besseren US-Indie aufnehmen. Warum dann also überhaupt ein Remake? Ganz einfach: Weil sich das Original in den USA praktisch niemand angesehen hat. Unter dem Titel »In Order of Disappearance« spielte es gerade mal 50.000 Dollar ein.

Diesen Betrag wird das Remake mühelos um ein Vielfaches übertreffen, aber tatsächlich ist der Film damit eher ein Fall für den Wirtschaftsteil als fürs Feuilleton. Denn »Hard Powder« (eigentlich: »Cold Pursuit«) ist fast so nah dran am Original wie einst Gus Van Sants (inneramerikanische) »Psycho«-Blaupause. Moland selbst betätigt sich hier als Farbkopierer; nahezu einstellungsgetreu arbeitet er sein eigenes Werk ab und erschafft so den gleichen Film praktisch noch mal. Das Ganze spielt nun nicht mehr in der norwegischen Einöde, sondern in den Rocky Mountains; anstelle des deutlich vielschichtigeren Stellan Skarsgård ballert sich der unvermeidliche Liam Neeson durch den kruden Plot; und aus der sinistren Serbenmafia wird eine stolze Indianergang, die immerhin für den einen oder anderen frischen Impuls sorgt. Auch der wunderbare William Forsythe in der Rolle des Bruders des Helden schafft mit seiner stoischen Melancholie einige große Momente. Ansonsten aber: keine neuen Erkenntnisse, keine stilistische Variation, nicht mal höhere Schauwerte. Im Gegenteil: derart entwurzelt, verliert das exzessive Treiben viel von seiner verschrobenen Urigkeit und verwandelt sich in ziemlich gewöhnliche B-Movie-Kost. Was eben noch ein köstliches Kleinod war, ist auf einmal abgestandene Routine.

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