Kritik zu Good Boy – Trust His Instincts

englisch © IFC Films

2025
Original-Titel: 
Good Boy
Filmstart in Deutschland: 
30.10.2025
V: 
L: 
72 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Mit seinem ersten Langfilm ist Ben Leonberg gleich ein richtiges Kunststück gelungen: eine Geschichte um ein Haus, in dem etwas Rätselhaftes west – erzählt aus der Perspektive eines tüchtigen Hundes

Bewertung: 5
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Seinem Bezugsmenschen, vulgo: Herrchen, geht es nicht so gut. Todd hustet und ächzt im Hintergrund, während Indy, der Titelheld, gründlich und aufmerksam den Vordergrund erkundet. Beziehungsweise erkundet er eigentlich alles: das Gerümpel in der Garage, den schmutzigen Keller, die Ecke hinter dem Schrank, den hohlen Baumstamm im Wald – und die Schatten. Indy starrt so lange in die Schatten, bis sich das darin Verborgene bewegt, quasi: Wer zuerst blinzelt, hat verloren. Denn irgendetwas stimmt hier ganz entschieden nicht. Und immer wenn es wieder irgendwo raschelt oder knarzt, macht Indy sich auf den Weg, die Ursache zu ergründen. Was er dann so findet, kann niemandem gefallen. Dem Publikum nicht, weil es sich ordentlich erschreckt; Indy nicht, weil es bedrohlich ist; und erst recht Todd nicht. Todd ist mit Indy in das berüchtigte, abgelegene Haus im Wald gezogen, in dem der Großvater verstorben ist; des Öfteren ruft seine Schwester an, erkundigt sich nach dem Befinden und warnt vor dem angeblichen »Spukhaus«; Todd verlacht sie und Indy kann nicht reden.

Die Hauptfigur von »Good Boy« ist ein Hund, im filmischen wie im wahren Leben »Indy« geheißen, und dass es sich um Filmemacher Ben Leonbergs eigenen Hund handelt, trägt zum Gelingen des Unterfangens entscheidend bei. Indy ist kein Schauspiel-Tier, das sich in Abständen hin zum »Jenseits der Kamera« orientiert, wo die Trainerin sitzt und Handlungsanweisungen signalisiert. Indy ist ein Nova Scotia Duck Tolling Retriever, also ein Arbeitshund, der gemeinhin bei der (Enten-)Jagd eingesetzt wird; im vorliegenden Fall bewährt er sich als Geisterjäger. Das Zu- und Vertrauen zwischen Hund/Darsteller Indy und Herrchen/Regisseur Leonberg gründet in einem instinktiven Verständnis und resultiert in einer reibungslosen Kommunikation, die niemals dergestalt spürbar wird, dass sie die vierte Wand niederreißt. Das liegt freilich auch daran, dass der unabhängig arbeitende Filmemacher Leonberg, der hier nach zahlreichen Kurzfilmen sein Langfilmdebüt vorlegt, seine Handlungsprämisse ernst nimmt und konsequent durchzieht: Er zwingt seinen tierischen Akteur nicht in eine menschenorientierte Dramaturgie, sondern lädt vielmehr das Publikum ein, durch die Augen des Hundes zu schauen.

Die Voraussetzung dafür ist Geduld, hinter der Kamera ebenso wie vor der Leinwand. Die Dreharbeiten zu »Good Boy« zogen sich über drei Jahre hin, gedreht wurde an über 400 Tagen. Im gut 70-minütigen Ergebnis klebt man nun dem Hund an den Fersen, trabt seine Wege mit und blickt mit ihm auf Augenhöhe in eine Welt, in der die Menschen eher diffus und die Stimmen öfter gedämpft bleiben. Erklärungen werden nicht gegeben und so etwas wie Sinn setzt sich erst nach und nach und dann auch nur aus Fragmenten zusammen. Es ist gut möglich, dass die Erkenntnis der Wahrheit, die am Ende steht, deswegen so schmerzvoll herzzerreißend ausfällt, weil sie nicht in rationalisierender Menschensprache mitgeteilt, sondern auf animalischer Ebene empfunden wird.

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