Kritik zu Experiment Sozialismus – Rückkehr nach Kuba

© Sun Also Rises

2019
Original-Titel: 
Experiment Sozialismus – Rückkehr nach Kuba
Filmstart in Deutschland: 
27.08.2020
L: 
80 Min
FSK: 
12

Jana Kaesdorf geht dem Versuch der Öffnung der Planwirtschaft auf Kuba nach

Bewertung: 4
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Wer bereit ist, so heißt es zu Beginn des Films, Freiheit für einen Zuwachs an Sicherheit einzuschränken, hat beides nicht verdient. Jana Kaesdorf betrachtet in ihrem Dokumentarfilm unter diesem Aspekt die Lebenssituation auf Kuba. Der Exilkubaner Arsenio, den die Regisseurin hierzu bei einem Besuch in der alten Heimat begleitet, schaut erst mal auf den Markt, dorthin, wo Lebensmittel verkauft werden. Die staatliche Kontrolle reicht bis in die einzelne Kartoffel hinein: Der Preis ist subventioniert niedrig, die Armut groß, aber eine Hungerkatastrophe gibt es nicht. Aber obwohl Reis Mangelware ist, liegen große Ackerflächen brach. Außerdem gibt es eine zweite Währung für Touristen, die an den Dollar gekoppelt ist, aber für Einheimische streng reguliert ist. Wenn du in Kuba lebst, sagt ein Bürger auf der Straße, musst Du lügen und betrügen, sonst kommst Du nicht über die Runden. 

Und doch halten viele das Experiment des Sozialismus für richtig. Am Ende der Ära Castro wurden Reformen, die sogenannten »Lineamientos« eingeführt, die die marode Wirtschaft reformieren sollen. Ob diese Veränderungen dazu geeignet sind, das Land aus seiner Dauerkrise zu retten, das stellt der Film doch sehr infrage. Was sich abzeichnet, ist immer mehr Deregulierung: Der Staat überlässt die Preisgestaltung nun vermehrt den Herstellern, Bauern dürfen brachliegende Felder selbstständig bestellen; die Planwirtschaft will sich öffnen. 

Kaesdorfs Herangehensweise überzeugt: Weil hier ein Kenner des Landes, der über die Jahre im Exil auch ein Fremder geworden ist, mit seinen Landsleuten spricht, entsteht ein sehr verbindlicher individueller Blick auf Kuba. Es kommen nicht nur einfache Leute zu Wort, sondern auch Wissenschaftler und Publizisten, die sich klar zu den Veränderungen positionieren. Vor allem aber gibt es mit Arsenio einen Erzähler, der die komplexe jüngere Geschichte Kubas, von Batista über Che Guevara bis zu Fidel und Raúl Castro in einfachen Worten zusammenfasst. Seine Sehnsucht nach einer heilen Heimat erfasst auch den Zuschauer.

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