Kritik zu Der Tag, an dem die Erde stillstand

© 20th Century Fox

2008
Original-Titel: 
The Day the Earth Stood Still
Filmstart in Deutschland: 
11.12.2008
L: 
103 Min
FSK: 
12

Keanu Reeves hat seit »Matrix« eine gewisse Übung darin, messianische Figuren zu spielen. Jetzt ist er in die Schuhe von Michael Rennie geschlüpft, der in einem der versöhnlicheren SF-Klassiker der Fünfziger die Menschheit vor sich selbst rettete

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In den fünfziger Jahren wurde die Filmwelt von jeder Menge außerirdischer Wesen heimgesucht. »Das Ding aus einer anderen Welt« (1951) dezimierte die Wissenschaftler einer Forschungsstation in der Antarktis. Im Kalten Krieg endeten die Invasionspläne garstiger Aliens meist in einem »Krieg der Welten« (1954). Doch ein Außerirdischer war anders: Michael Rennies Klaatu in »Der Tag, an dem die Erde stillstand« (1951) von Robert Wise. Er war in Menschengestalt auf die Erde gekommen, um uns zu warnen. Sollten wir nicht mit den Atomtests und unserem aggressiven Verhalten aufhören, würde er die Menschheit auslöschen, mithin: das Universum vor unserer unverträglichen Spezies retten.

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen hatte er den großen Roboter Gort als Leibwächter dabei, der zur Demonstration seiner Macht an einem Tag für dreißig Minuten die Erde praktisch stilllegte. Klaatu wird als falscher Prophet kurzerhand erschossen. Doch sein treuer Roboter tötet die angerückten Soldaten und reanimiert seinen Meister zu neuem Leben. In der Figur des außerirdischen Klaatu spiegelten sich die Geburt, der Tod und die Auferstehung von Jesus Christus wider.

»Das Ding« wurde 1982 von John Carpenter als haarsträubende Effektorgie aus Latex und Schleim wieder verfilmt. Den »Krieg der Welten« hat Steven Spielberg 2005 auf beeindruckende Weise neu entfacht. Und auch der außerirdische Klaatu stattet uns nun in Gestalt von Keanu Reeves einen weiteren Besuch ab.

Nach »Matrix« und »Constantine« spielt Reeves abermals einen Messias, der die Welt zu retten versucht. Doch dieses Mal ist er überzeugt, dass die Menschheit nicht lernfähig ist, und lässt Gort die Apokalypse tatsächlich einleiten – nicht ohne vorher die überlebenswerten Spezies auf der Erde in wabernd leuchtenden Sphären einzusammeln. Natürlich ist der mächtige Roboter in der Neuversion eine Computeranimation. Doch der emotionslosen Zerstörungsmaschine fehlt der Charme seines Vorgängers. Im Original sieht man ganz deutlich, dass Gort von einem übergroßen Darsteller gespielt wird, der in dem klobigen Kostüm leicht ins Wanken gerät. Diese bestimmt ungewollte Vermenschlichung hat Gort zum eigentlichen tragischen Helden des alten Films gemacht. Die vordergründige Perfektion des neuen Gort lässt den Zuschauer hingegen kalt. Mit der Botschaft, wir Menschen würden dem Planeten Erde gar nicht guttun, rennt Regisseur Scott Derricksen längst offene Türen ein. Was in den Fünfzigern sicher zeitkritisch und visionär war, wirkt heute banal.

Zwar ist der Film mit Jennifer Connelly und John Cleese als weitsichtigen Wissenschaftlern hervorragend besetzt. Doch die Figuren verlieren sich in den eindrucksvollen Zerstörungsbildern des Finales. Im Original ließ Klaatu den Zuschauer durch die bloße Androhung der Apokalypse mit einem unguten Gefühl zurück. Doch die Regeln des modernen Endzeitkinos verlangen heute von Klaatu, dass er zumindest einen Teil von Manhattan dem Erdboden gleichmacht. Bevor er dann doch zur Einsicht kommt, wir Menschen hätten eine zweite Chance und ein Film-Happy-End verdient.

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