Kritik zu In den besten Händen

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Catherine Corsini verbindet in ihrer Culture-Clash-Komödie Gesellschafts- und Krankenhausdrama mit einer herrlich aufgedreht-hysterischen Valeria Bruni Tedeschi

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Es ist schwer auszumachen, wo das größere Chaos herrscht: auf den Straßen von Paris, wo sich Gelbwesten-Demonstranten heftige Auseinandersetzungen mit Polizisten liefern, wo Fensterscheiben zerbersten und Autos brennen, oder in der Notaufnahme einer Pariser Klinik, völlig überfüllt von verletzten Demonstranten, den üblichen Hilfesuchenden, dazwischen hastendes Personal. Mittendrin eine hysterische Vertreterin der Bourgeoisie (Valeria Bruni Tedeschi) und ein verletzter Lkw-Fahrer (Pio Marmaí). Sie spiegeln Ursache und Wirkung, die sich gegenseitig bedingen: Die Menschen demonstrieren gegen die weitere Spaltung der Gesellschaft, in der Klinik kämpft das Personal gegen die Folgen der Demos und zeigt zugleich gesellschaftliche Missstände auf. 

»In den besten Händen« heißt das Drama von Catherine Corsini (»Die neue Eva«, »Die Affäre«), und es wäre kein französischer Film, wenn dieser die Gesellschaftskritik nicht geschickt mit einer gewissen Komik verbinden würde. Ein Humor mit geradezu kathartischer Wirkung. Denn Corsini gelingt es, eine ungeheure Spannung zu erzeugen, getrieben von immer neuen Patienten, dem Herumeilen der Helfer, den Bildern der Proteste auf den Bildschirmen und dem ewigen, hysterischen Gezeter, Geschreie, Gelache der Comiczeichnerin Raf (Bruni Tedeschi). Raf ist nach einem Sturz mit einem übel gebrochenen Arm in der Notaufnahme gelandet. Zuvor hat sie sich mit ihrer langjährigen Freundin Julie (Marina Foïs) gestritten. Nach einer Nacht, in der Raf ihr Dutzende von SMS geschickt hat, während sie neben ihr schlief, will sich Julie endlich von der egomanischen Raf trennen. Als diese in die Klinik kommt, ruft sie zuerst nach Julie, die pflichtbewusst kommt, sofort aber klarmacht, dass dies nichts an ihrer Entscheidung ändert. 

Zur gleichen Zeit wird Yann (Marmaï), eingeliefert. Mit »Aux Champs-Elysées« auf den Lippen war er noch fröhlich in die französische Hauptstadt eingefahren, hatte sich an den Protesten beteiligt und dabei schwer verletzt. Es prallen Welten aufeinander, die von Vorurteilen, aber auch Ängsten geprägt sind. Raf sorgt sich, nicht mehr zeichnen zu können, Yann muss noch in der Nacht wieder auf die Beine kommen, will er seinen Job nicht verlieren. Den Gegenpol bildet ihre Noch-Freundin Julie mit ihrer nüchternen, pragmatischen Art, die nicht nur versucht, Raf zur Räson zu bringen, sondern in der unterbesetzten Notaufnahme noch hilft. Ein weiterer Ruhepol ist die Krankenschwester Kim (Aïssatou Diallo Sagna), die schon die sechste Nachtschicht in Folge macht, zu Hause einen mit dem Baby überforderten Freund hat und trotzdem noch mitfühlende Worte und tröstende Gesten für die Patienten aufbringt.

Corsini schafft eine klassische Culture-Clash Komödie, überzeichnet die Protagonisten bis zur Karikatur, thematisiert gesellschaftliche Probleme, zeigt einen Klinik-Mikrokosmos, der an so manche Krankenhausserie erinnert, und das alles in einem Wahnsinnstempo. Am Ende kommt die gesättigte obere Mittelschicht zwar davon, aber nicht gut weg.

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