Kritik zu Auguste Rodin

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Der Film zum 100. Todestag von Auguste Rodin wurde Jacques Doillon anvertraut, der den Wegbereiter der modernen Skulptur bis dahin kaum kannte. Ob die Zuschauer mehr über ihn erfahren, bleibt die Frage

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Bis zum Äußersten zu gehen, alles zu geben, dazu stachelte Jacques Doillon stets seine Schauspieler an; er brauchte dazu auch nicht unbedingt ein Drehbuch, sondern Darsteller, die aus sich selbst heraus so viel Gestaltungswillen mitbrachten, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Das heißt: alles oder nichts. Es funktionierte oder eben nicht. »Alchemie« nannte deshalb ein französischer Kritiker sehr treffend die Regietechnik des französischen Regisseurs, um den es in den letzten Jahren etwas stiller geworden ist. Ein Film über das französische Nationalheiligtum Auguste Rodin zu drehen, war jedoch eine Herausforderung, deren Hürden der Frauenregisseur Doillon eigentlich selbst hätte voraussehen können.

Es versteht sich, dass hier vor allem die Durchdringung eines international anerkannten bahnbrechenden Werks eine Rolle zu spielen hat, wie auch immer das geschehe. Möglicherweise hat man auch deshalb zuerst an eine Dokumentation gedacht, auf Doillons Drängen wurde das Projekt jedoch in einen Spielfilm umgewandelt. Die immer noch gültige Aussage Doillons »Ich habe immer gewollt, dass die Körper meiner Filmcharaktere sprechen«, überantwortet das »Werk« jedoch von vornherein seinem Schöpfer und seiner physischen Präsenz  – und damit hier der von Vincent Lindon, der Rodin verkörpert. Aber gerade daran hapert es erheblich. Was also geschieht in »Auguste Rodin«?

Paris 1880. Rodin erhält erst spät seinen ersten Staatsauftrag. Es ist »Das Höllentor«, das erst elf Jahre nach seinem Tod 1917 seinen Bronzeguss erhalten wird. Rodin ist damals 40 Jahre alt und kurz davor, seine Schülerin und langjährige Geliebte Camille Claudel kennenzulernen. Die Regie stellt die schwierige berufliche Beziehung und unterschwellige Konkurrenz der beiden, aber auch Camilles Forderung, Rodin nicht mit seinen Modellen und seiner alten Lebensgefährtin Rose Beuret zu teilen, bald in den Mittelpunkt. Camilles fachliche Expertise und ihr stilprägender Einfluss auf Rodins Werk werden also keineswegs – wie es lange Praxis war – übergangen. Ein Pluspunkt.

Aber damit ist die Frage, wie viel wir eigentlich über den Hauptakteur selbst, seine Ansichten und seine Arbeitsweise erfahren, noch nicht beantwortet. Mit seinem Beharren auf der Natur als Vorbild und einziger Schaffensquelle spielt Rodin in der Kunstgeschichte sowie für die Entwicklung und Weltanschauung des Impressionismus eine Vorreiterrolle – nur bleibt das im Film weitgehend ausgeblendet. So wird auch wenig verständlich, warum er so intensiv an seinen doch stets gewollt unvollständig belassenen Skulpturen oder Ensembles (»Balzac«, »Der Kuss«, »Die Bürger von Calais«) gearbeitet hat, genauso wie das, was ihn letztlich als Künstler umgetrieben hat. Der Bildhauer Rodin, stets mit einem langen Malerkittel angetan und hinter seinem Rauschebart versteckt, gibt wenig von sich preis. Der sonst sehr körperbewusst agierende Vincent Lindon bleibt blass. Auch Rodins Frauenbeziehungen bleiben farblos – »vom Äußersten« weit entfernt.

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