Kritik zu Anchorman – Die Legende kehrt zurück

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Fast zehn Jahre nach dem ersten Film kehrt Will Ferrell als Nachrichten­sprecher­ikone Roy Burgundy zurück

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Ron Burgundy ist ein verkappter Meisterrhetoriker. Seine Gedanken gehen ihm unbeeindruckt von Vernunft und Zeitgeist über die Lippen. Man könnte das als schlechtes Benehmen abtun, besäße Burgundys soziale Disposition nicht auch eine kulturelle Komponente. Er ist schon äußerlich als Vertreter einer aussterbenden Spezies identifizierbar. Mit seinen Polyesteranzügen, der Föhnfrisur und seinem phallokratischen Schnauzer haftet ihm der Moschusgeruch einer ausklingenden Ära an. Als komödiantische Prämisse ist das nur recht und billig. Ron Burgundy darf – legitimiert durch schiere Ignoranz – all das sagen, was andere nicht auszusprechen wagen. Er führt seine kulturelle Differenz so selbstgewiss vor wie seine Retro-Outfits. Ron Burgundy ist, und das verdankt er maßgeblich seinen Schöpfern Adam McKay und Will Ferrell, ein subversiver Anarchist.

Es gibt eine Szene in Anchorman – Die Legende kehrt zurück, die das Prinzip seines Humors perfekt veranschaulicht. Da sitzt Burgundy beim Abendessen mit der Familie seiner Freundin und Vorgesetzten Linda. Eine Frau als Nachrichtensprecherin – das war die gesellschaftliche Revolution, die der Vorgängerfilm aus dem Jahr 2004 in vielen Gagvarianten thematisiert hatte. In der Fortsetzung wird die Erkenntnis, dass seine neue Vorgesetzte auch Afroamerikanerin ist, nur noch mit einem kurzen Tourette-Anfall abgehandelt. Ron Burgundy befindet sich mental schon mitten im kulturellen Wandel. Also will er in einer hochgradig absurden Umkehrung der Rat mal, wer zum Essen kommt-Situation die Eltern einer »Sister« angemessen adressieren – und zwar in einem frei assoziierenden Gaga-»Street Jive«, den er unmöglich aus einem Blaxploitationfilm haben kann. Die Methode von Anchorman ist dabei eine ganz spezielle, und niemand beherrscht sie so souverän wie Ferrell. Er wiederholt Witze einfach so lange, bis sie lustig werden müssen (oder anfangen zu nerven).

Anchorman – Die Legende kehrt zurück variiert die Geschichte des ersten Teils, wartet im Mittelteil aber mit einer ziemlich großartigen Pointe auf: dass Ron Burgundy und sein Nachrichtenteam (Paul Rudd, Steve Carell und David Koechner) quasi im Alleingang das moderne Nachrichtenfernsehen erfinden, inklusive Liveverfolgungsjagden und blinkender Infografiken. Nach einer zwischenzeitigen Phase der Erblindung wird Burgundy von seiner Exfrau (Christina Applegate) zum Frontmann des neuen 24-Stunden-Nachrichtensenders GNN aufgepäppelt. Ein derart hoffnungslos aus der Zeit gefallenes Leben kann eben nur als Dauer-Comeback erzählt werden. Vereinzelte denkwürdige Momente bekommt Ron Burgundy wieder reichlich. Für die Cameos sind diesmal Harrison Ford, Jim Carrey, Will Smith, Kirsten Dunst, Marion Cotillard und Sacha Baron Cohen zuständig.

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