Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns
Alex Parkinson verwandelt den Stoff seiner Dokumentation über eine spektakuläre Rettung in der Nordseetiefe von 2019 in einen fiktiven Unterwasser-Survival-Thriller
Man kennt die Bilder von schwerelos durchs All ins Nichts gleitenden Astronauten – »Last Breath« entführt den Zuschauer ins andere Extrem, in die dunklen Tiefen der See, in milchig entrückten Bildern, 300 Meter unter der Oberfläche, wo auf dem Meeresgrund die Öl-Pipelines gewartet werden. »Last Breath« rekapituliert eine spektakuläre Krisensituation, die sich 2012 tatsächlich in der Nordsee zugetragen hat.
Damals wurden die Taucher Dave Yuasa und Chris Lemons trotz stürmischer See in ihrer Kompressions-Tauchkugel in die Tiefe herabgelassen. Als sie sich an langen Nabelschnüren für Sauerstoffzufuhr, Strom und Kommunikation an Analyse und Wartung machen wollten, wurde das Mutterschiff infolge eines Computerfehlers in stürmischer See weggetrieben und einer der beiden Taucher von der gesamten Versorgung abgeschnitten. Allein trieb er durchs kalte Wasser, mit Notsauerstoff für knappe acht Minuten und der hastigen Information seines Tauchpartners, er müsse unbedingt an die Oberseite der Tauchkugel klettern, sonst habe er keine Chance auf Bergung. So beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, in dem das Team darum ringt, das Mutterschiff im Sturm unter Kontrolle zu bekommen, zur Tauchstelle zurückzufinden und den Taucher rechtzeitig zu finden. Die Uhr tickt, fast dreißig, in doppeltem Sinne atemraubende Minuten dauert es, bis Chris gefunden wird, allen Daten und Informationen zufolge kann es nur noch um die Bergung seiner Leiche gehen.
Nachdem Regisseur Alex Parkinson die realen Ereignisse dieser riskant aus dem Ruder gelaufenen Aktion bereits 2019 in dem Dokumentarfilm »Der letzte Atemzug – Gefangen am Meeresgrund« mit Archivmaterial, Reenactment und Interviews rekapituliert hat, verdichtet und dynamisiert er sie nun sechs Jahre später noch einmal als Survival-Thriller.
Dabei eröffnet der Film faszinierende Einblicke in den Extremberuf des Sättigungstauchers. Bevor der Echtzeitthriller beginnen kann, werden minuziös die komplizierten Abläufe etabliert. Um in Tiefen von 300 Metern überhaupt arbeiten, reparieren oder forschen zu können, müssen die Taucher zur Vorbereitung mehrere Stunden in die Kompressionskammer. Nach getaner Arbeit sind es sogar drei Tage zur stufenweisen Dekompression. Um den Körper an den enormen Wasserdruck zu gewöhnen, wird die Lösung von Atemgasen im Körpergewebe gesättigt – daher die Berufsbezeichnung Sättigungstaucher. Würde der Taucher ohne Dekompression an die Oberfläche kommen, würde sein Körper explodieren, erinnert die Stimme aus dem Mutterschiff.
Neben dem Hochspannungsfaktor kommt im Spielfilm auch das menschliche Element hinzu: Zunächst in Gestalt der bangen Braut von Chris, die er mit seiner Abschiedsbemerkung »Denk dran, es ist so, als ob ich im Weltraum wäre, nur unter Wasser« nicht wirklich beruhigen kann. Und bei der Mission mit dem väterlichen Kollegen Duncan, dem Woody Harrelson das ihm eigene humorvolle Charisma verleiht.