In der Heimat, in der Heimat, da gibt's ein Wiedersehn

»The Road Back« (1937). Quelle: NBCUniversal Archives & Collections, © Universal Pictures

Von weit hinten kommen die Credits auf den Betrachter zu, rollen dann nach oben weg: Ob George Lucas seinen Sternenkriege-Vorspann bei James Whale abgeguckt hat, kann ich nicht beurteilen. Denn ich kenne die bisher bekannte Fassung des Filmes »The Road Back« von 1939 nicht, vielleicht ist da der Vorspann ganz anders gestaltet. Hier jedenfalls wurde als Berlinale Classic die ursprüngliche 1937er-Version in restaurierter Fassung uraufgeführt: Eine Fassung, die bis vor ein paar Jahren als verloren galt. Dann wurde sie entdeckt, in einer Filmdose mit der Aufschrift »The Road Back« – nur, dass jeder jahrzehntelang dachte, dass diese die 39er-Fassung enthielte... Martin Scorsese konnte es nicht fassen. Und ließ seine Film Foundation sofort die Restaurierungsarbeiten beginnen.

Bei Universal produziert, war dem Film nach Fertigstellung ein zu geringes kommerzielles Potential zugesprochen, zumal die Produktion ihr Budget überzogen hatte; denn die nazideutsche Regierung verlangte ultimativ Änderungen, sonst hätte Deutschland den Import aller Universalfilme gestoppt. Der Film wurde, Achtung Euphemismus, »revitalisiert« und kam so auch in die Kinos. Um dann im Archiv zu verschwinden.

»The Road Back« beruht auf einem Roman von Erich Maria Remarque, ein Nachfolger zu »Im Westen nichts Neues«. James Whale – damals als Universals Top-Regisseur mit diesem als richtigem Großfilm geplantem Projekt betraut – zielt auf eine klare kriegskritische Botschaft. Einen Klassiker wie sieben Jahre zuvor Lewis Milestone schuf er nicht. Zu sehr setzt er auf satirisch gemeinte Comedy; zu stark ist die Studiokünstlichkeit; zu episodenhaft ist die Dramaturgie. Und zu sehr richtet sich der Film auf seine Zeit und sein Land mit antikommunistischer Propaganda und einem Gerichtsprozess in Deutschland, der nach US-Recht (wie man’s aus »Matlock« kennt) abläuft.

Interessant natürlich trotzdem, der Film! Er beginnt im November 1918, im Schützengraben gibt es Gerüchte eines nahenden Waffenstillstands, doch ein letzter Angriff wird befohlen, man will das Gelände zurückerobern, das im Monat zuvor verloren ging. Hier natürlich – trotz Kulissenhaftigkeit und allzu sauberen Gesichtern der Soldaten – die legendäre Kamerafahrt übers Schlachtfeld. Später eine tolle Einstellung: Das Häufchen Soldaten im riesigen Kasernenhof, in den all die Gefallenen eingeblendet werden, die 1914 losgezogen waren. Die Grundbotschaft ist deutlich, wird auch ausgesprochen: Man kann nicht Menschen jahrelang auf Inhumanität ausrichten und dann erwarten, sie mit dem Wort »Frieden« wieder eingliedern zu können. Drei Jahre hatte man mit den Füßen der Kameraden im Gesicht geschlafen, das Bett ist man nun nicht mehr gewohnt.

Wir verfolgen dem Resthaufen einer deutschen Einheit von der Front in die Heimat mit all den Problemen, denen sie sich stellen müssen. Das wird oft komisch aufgelöst, von der Begegnung mit einem ebenso verlorenen Haufen Amerikaner, die den Deutschen das Kaugummikauen beibringen, über den Angeber, der von seinen Heldentaten schwärmt und auf lustige Weise hopsgenommen wird. Doch der Humor ist bitter: Einer klaut das preisgekrönte Huhn des Nachbarn, so ein gutes Abendessen gabs seit Jahren nicht. Die Kommunisten halten allabendlich sinnlose Demonstrationen ab. Einer lacht sich die Tochter des lächerlichen Bürgermeisters an, Beginn seines gesellschaftlichen Aufstiegs.

In der Schule wiederholt sich die Szene aus »Im Westen nichts Neues« mit einem sehr heldenfixierten Lehrer. Der wird aber gleich auf den Boden der Realität der Frontheimkehrer gestellt. Wie überhaupt die pazifistische Mahnung dick über den Film gepinselt wirkt. Am Ende mit Zeitungsschlagzeilen, die die Aufrüstung und das Aufblasen der Militärbudgets auf der ganze Welt geißeln.

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