Guter Rat ist billig

Der Hollywood-Mogul Samuel Goldwyn war berüchtigt für seinen Wortwitz. Der in Warschau geborene Produzent stand auf erfinderischem Kriegsfuß mit der Sprache seiner Wahlheimat. Aus seinem Munde stammen Aphorismen, auf die die Surrealisten zweifellos stolz gewesen wären. Eine hübsche Auswahl von »Goldwynisms« finden sie hier: www.wolaver.org

Eines meiner Lieblingszitate fehlt leider auf dieser Liste. Es ist von einer so tiefen Weisheit, dass ich es Ihnen auf keinen Fall vorenthalten möchte. Einem hoffnungsvollen Filmemacher gab Goldwyn einmal diesen Rat mit auf den Weg: »Beachten Sie die Kritiker überhaupt nicht. Ignorieren Sie sie nicht einmal!« Fürwahr, das sind goldene Worte. Beispielsweise hege ich den Verdacht, es habe Regisseuren wie Sam Fuller oder Nicholas Ray durchaus geschadet, das zu glauben, was französische Kritiker in den 50er Jahren über sie schrieben. Andererseits ist es nicht immer ein Fehler, wenn Künstler ein offenes Ohr haben. Olivier Assayas erzählte mir einmal, es hätte ihm sehr zu denken gegeben, als er nach der Premiere von »Das Winterkind« auf der Berlinale lesen musste, es gebe einfach zu viel Musik in dem Film. Das nahm er sich zu Herzen und verzichtete in seinem nächsten Film ganz auf sie.

Heute entdeckte ich im »Guardian« eine Serie von Artikeln, in denen die Autoren der Zeitung einigen Schauspielern Ratschläge erteilen, wie sie aus einem Karrieretief herauskommen könnten. Das sind zum Teil vergnügliche Anmaßungen. Robert De Niro etwa solle sein Glück doch einmal mit Terrence Malick versuchen. Ryan Gosling wird empfohlen, zu seinen Anfängen zurück zu kehren oder doch zumindest mal mit Gaspar Noé zu arbeiten. Auch Lars von Trier wird ihm als Rettungsanker empfohlen. Kate Winslet wird ebenfalls nahegelegt, bei dem Dänen anzurufen. Dass Johnny Depp endlich mit dem Mummenschanz aufhören und sich durchringen sollte, Terry Gilliam und seinem »Don Quijote«-Projekt eine neue Chance zu geben, ist keine dumme Idee. Und nicht einmal Nicolas Cage ist ein hoffnungsloser Fall. Aber wäre es für Michael Haneke tatsächlich ein Segen, wenn sich der Agent des straight-to-video Champion bei ihm meldete?

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