Die Mischung macht's

Sie nennen sich „Amanda Jones and the Temple of Boom“, „Die zwei lustigen Drei“ oder „Rollo Tommasi“. Die meisten von ihnen machen schon länger mit; das gilt vermutlich auch für die „Absolute Beginners“. Unserem Team gaben wir in der Eile den Namen „Filme pflastern ihren Weg“. Die gefürchtete Konkurrenz von „Vier im roten Kreis“ war diesmal nicht im Rennen. Das hatte den Vorteil, dass wir den immerhin sechsten Platz erobern konnten. Sieger war das Team von „Zehn Fäuste für ein Halleluja“. Es konnte den Wanderpokal gleich an sich selbst weiterreichen, denn es hatte schon beim letzten Mal gewonnen.

Das Berliner „Filmtablequiz“, das am letzten Mittwoch zum 42. Mal stattfand, ist eine famose Veranstaltung, ein großer Spaß für Gewinner wie Verlierer. Es geht nur um die Ehre: Außer dem Pokal springen am Ende für die Erstplatzierten nur ein paar DVDs heraus. Wer diesmal hingegen alle vier Hauptdarsteller aus „Halbe Treppe“ nennen konnte, wurde mit einem Gläschen japanischen Single-Malts belohnt. Der Werbeslogan, den Bill Murray in „Lost in Translation“ aufsagen muss, fiel keinem an unserem Tisch mehr ein.

Im Prinzip wird das Quiz alle zwei Monate im Kreuzberger SO36 veranstaltet und in Hamburg (http://www.filmtablequiz.de) im selben Rhythmus. Der Erfinder betreibt es aus echter Liebhaberei, was man auch an der Auswahl der Fragen merkt. Um sie sich auszudenken, ist schon Kennerschaft nötig. Das Spektrum ist breit, schweift aber nicht bedrohlich über den Mainstream aus. Die intime Kenntnis des Werks von Lav Diaz, Albert Serra oder Hong Sang-soo ist nicht erforderlich. Dafür sollte man aktuelle Kinostarts verfolgen und sich einigermaßen in der Geschichte des US-Kinos auskennen. Es schadet nicht, das populäre europäische Kino parat zu haben. Mitunter wird auch heimtückisch Expertenwissen verlangt: Hätten Sie Ruggero Deodatos „Cannibal Holocaust“ an seinem Vorspann erkannt? Oder gewusst, dass Forest Whitaker in „Bloodsport“ neben Jean-Claude Van Damme auftritt? Auf die Frage, wo der Abschiedsbrief der Schwester, gefunden wurde, die in „Das Fest“ Selbstmord begeht, muss man auch erst mal kommen. Die vierte Fragerunde ist in der Regel die kniffligste, in ihr müssen Filme, ihre Darsteller, Regisseure etc. allein anhand der Tonspur einer Szene erraten werden. Am Schluss werden alle Rätsel in einem 15minütigen Zusammenschnitt gelöst (der Brief fand sich in einem Schminkkoffer, wenn ich mich recht entsinne) - ein Ritual, das gleichermaßen Anlass zu Genugtuung wie zum Ärgern bietet (Warum bloß habe ich Tom Wilkinsons Monolog aus „Michael Clayton nicht wiedererkannt?). Danach brechen alle Beteiligten bemerkenswert rasch auf.

Als ich das erste Mal vor gut einem Jahr teilnahm, war das ein hübscher Kulturschock für mich: So viele Nerds hatte ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Deren Aufkommen war diesmal nicht so hoch. Das Team von „Zehn Fäuste für ein Halleluja“ wirkte gar, als könnte es in Kreuzberg ein flottes Start-Up-Unternehmen aus der Taufe heben. Die zwei weiblichen Mitglieder hätten im Comicbuchladen in „The Big Bang Theory“ zweifellos für Aufsehen gesorgt. Die Frauenquote ist im Allgemeinen nicht exorbitant hoch, aber auch nicht beschämend niedrig. Vor einem Jahr nahmen 41 Teams teil, aber nur in zwei anderen konnte ich Filmkritiker entdecken. Von einer Kollegin wusste ich, dass sie zu diesem Anlass extra aus Saarbrücken anreist. Vor einem Jahr landeten wir im vorderen Mittelfeld - die Hoffnung meiner Freunde, in mir eine Art Allzweckwaffe gefunden zu haben, konnte ich nicht erfüllen. Denn tatsächlich gibt die Mischung der Teams, dem maximal sechs Leute angehören dürfen, den Ausschlag. Es versteht sich, das alle Mannschaftsmitglieder filmbegeistert sein sollten. Die Interessen dürfen sich überschneiden, sollten aber nicht deckungsgleich sein. Einer schließe des anderen Lücke. In verschwörerischem Flüsterton – am Nachbartisch könnte ja ein Lauscher sitzen – spielt man sich die Bälle zu. Wenn die Atmosphäre stimmt, können ungeahnte Erinnerungsschíchten zu Tage treten. Das Genie des Augenblicks darf mitspielen. Aber beim nächsten Mal müssen wir uns noch mehr anstrengen.

 

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