Film des Monats Februar: »Green Border«

© Piffl Medien

Empfohlen von der Jury der Evangelischen Filmarbeit

Agnieszka Holland gelingt es, ein Schlaglicht der Empathie auf eine Personengruppe zu richten, die aktuell meist kritisch in den Medien erscheint: Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan und Afrika. Während in der politischen Debatte die Zeichen auf Begrenzung stehen, wagt dieses verstörende Drama in 2,5 Stunden die Nahaufnahme. Eine afghanische Intellektuelle und eine syrische Familie mit kleinen Kindern samt Opa sitzen im Flugzeug Richtung Minsk. Der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko gewährt ihnen »bequeme« Einreise, um sie an der 180 km langen Grenze zu Polen auszusetzen. Hier endet die Reise und beginnt das Martyrium der Flucht. In nicht enden wollenden Schleifen wird diese Gruppe über die Grenze zur EU gejagt, um von polnischen Grenzschützern wieder zurückgedrängt zu werden. Der Wald entwickelt sich zur Todeszone, in der viele Geflüchtete ihr Leben verlieren. Der Film erzählt multiper­spektivisch das Schicksal dieser Menschen, die keiner will. Es zeigt die Sicht der polnischen Grenzschützer, die im Rahmen ihrer Ausbildung mit dem Narrativ geschult werden, dass diese Flüchtenden keine Menschen, sondern bloß Waffen einer strategischen Kriegsführung seien, die auf die Destabilisierung Europas ziele. Entsprechend kommt es hier immer wieder zu gewaltsamen, menschenverachtenden Übergriffen. Das Drama beleuchtet auch die Szene polnischer Aktivistinnen, die trotz aller Unterschiedlichkeit nur helfen wollen. Am Ende zieht Agnieszka Holland den Vergleich, dass in Europa in den vergangenen Jahren 30 000 Menschen an den Außengrenzen gestorben sind, während Polen nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine fast 2 Millionen Menschen sehr würdevoll aufgenommen habe. Diese plakative Szene, die sogar europäisches Mitgefühl mit den Haustieren der Ukrainer zeigt, während andere Menschen an der Grenze krepieren, wäre nicht nötig gewesen. Denn die Stärke des Films liegt nicht im moralischen Zeigefinger auf die Doppelmoral europäischer Asylpolitik, sondern im Fokus auf das Schicksal der Geflüchteten. Sie werden als Menschen gezeigt, denen die Menschenwürde an der EU-Grenze genommen wird, wenn das Wort Pushbacks mit Bildern durchbuchstabiert wird. 

Ein wichtiger Film, der von einer bedrückenden Realität erzählt, die sich tagtäglich vor unserer Haustüre an der östlichen EU-Außengrenze abspielt.

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