Sky: »Funeral for a Dog«

»Funeral for a Dog« (Serie, 2022). © Sky/Flare Entertainment GmbH/Stephan Rabold

© Sky/Flare Entertainment GmbH/Stephan Rabold

Es ist kompliziert

Ein Mann, völlig derangiert, übergibt sich in einer Flugzeugtoilette, die Lippe blutig, die Augen glasig-unterlaufen. Sein Blick geht in die metallene Schüssel. Nach kurzem Zögern streift er seinen Ehering ab, wirft ihn hinterher, dann wäscht er sich das Gesicht und schlurft zurück zu seinem Platz. Es ist die Eingangsszene von »Funeral for a Dog«, der achteiligen Skyserie nach dem gleichnamigen Romandebüt von Thomas Pletzinger von 2008. Verwirrend ist dieser Beginn, zumal die Geschichte wenig später nach Kolumbien wechselt ins Jahr 1998. Zwei junge Männer geraten an ungemütliche Drogendealer. Es dauert eine Weile, bis man sich zurechtfindet, die Zusammenhänge erfasst. Alles ist wirr, flirrend, wenig fassbar in dieser Serie, die ständig Fährten auslegt, Andeutungen macht, mulmig-irritierende Gefühle evoziert – und dabei einen unglaublichen Sog entfaltet.

Daniel heißt der Mann aus dem Flugzeug, gewohnt grandios verkörpert von Albrecht Schuch. Er ist auf dem Weg zu einem norditalienischen See, um dort den von ihm verehrten Schriftsteller Mark Svensson (Friedrich Mücke) zu interviewen. Ob er tatsächlich einen Auftrag dafür hat oder aus einem inneren Bedürfnis die Reise antritt, bleibt lange in der Schwebe. Dass die überstürzte Reise auch etwas mit seiner Frau und Chefin, seinem Leben insgesamt zu tun hat, wird hingegen schnell klar. Der Zufall will es, dass Daniel schon im Flieger Tuuli (Alina Tomnikov) kennenlernt, eine Freundin Marks, die ihn kurzerhand mit zu Mark nimmt. Jene Tuuli hatte einst mit Mark und Felix (Daniel Sträßer), den beiden jungen Männern aus Kolumbien, eine intensive und exzessive Dreierbeziehung. Inzwischen hat Tuuli einen Sohn, wohl von Felix. Wer weiß das schon so genau? Und Felix, der gute Schwimmer und Wassersportler, ist in dem See ertrunken. Selbstmord? Ein Unfall? Oder vielleicht auch ein Verbrechen? Auch darum kreist die Geschichte.

Vor allem geht es um Liebe und Verlust, um Vertrauen und Hoffnung. Das Zentrum bildet das idyllisch auf einer kleinen Insel gelegene Haus, von dort springt die Erzählung immer wieder chronologisch in die Vergangenheit. Wie die jungen Männer um Tuuli buhlen, wie sie gemeinsam nach Finnland, in Tuulis Heimat reisen, den 11. September 2001 in New York erleben, und wie Daniel den Autor für sich entdeckt, seine Frau kennenlernt, wie der titelgebende Hund ein Bein verliert. Sex, Drogen, Zigaretten und Blut sind die ständigen Begleiter. Manches ist ein wenig dick aufgetragen: ein symbolträchtiger Hahnenkampf in Kolumbien, den Felix' Favorit gewinnt, der anfänglich schüchterne, dann rauschebärtige Mark, der vom Leben verunsicherte und trinkende Daniel, die schöne und scheinbar unbeschwerte Tuuli. Und doch ist »Funeral for a Dog« atmosphärisch dicht und intensiv erzählt. Man entkommt den Geschichten nicht, die sich so geschickt und voller Unbehagen entwickeln – und am Ende wie selbstverständlich zusammenfügen.

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