DVD-Tipp: »Raubzug der Wikinger«

Mehr Trickster als Barbar

Die Legende von einer riesigen Glocke, geschmiedet aus purem Gold. Der Wikinger Rolf hat sie gehört und erzählt sie weiter. Das weckt die Neugier des Maurenfürsten El Mansuh. Doch dem durch Folter abgepressten Geständnis, wo sie zu finden sei, entzieht sich Rolf durch einen Sprung aus dem Fenster ins Meer. Gerade erst zurück bei seinem Wikingerstamm, bricht er erneut auf, um die Glocke zu finden. Später wieder in die Gefangenschaft der Mauren geraten, schafft es Rolf einmal mehr, sich herauszureden: Nur gemeinsam könnten Mauren und Wikinger den Schatz finden. Richard Widmarks Rolf erscheint hier weniger als heroischer Kämpfer – vielmehr erinnert er an seine Spielerfiguren bei Samuel Fuller (Pickup on South Street) und Jules Dassin (Night and the City), die er auch in zahlreichen Western verkörpert hat. 

Wer ein dramatisches Wikingerepos wie das derzeit im Kino laufende »The Northman« oder zumindest Richard Fleischers »Die Wikinger« (das Regisseur Jack Cardiff fünf Jahre zuvor als Kameramann ins rechte Licht gesetzt hatte) erwartet, wird von The Long Ships eher enttäuscht sein. Die vielen komischen Einsprengsel (von kleinen Ironien bis zu eher platt-unangenehmen Sequenzen wie der mit den Wikingern im Harem des Fürsten), lassen den Film zu einem unterhaltsamen Abenteuer werden, der Irrwitz der mehrmaligen Reise zwischen dem Reich der Wikinger im hohen Norden und der Zivilisation der Mauren in Nordafrika bleibt auf der Strecke. Wobei Rolf das Wort »Zivilisation« mit ironisch-verächtlichem Unterton ausspricht. Der gegenüber den Wikingern mit ihren Trinkgelagen überlegenen Kultur der Mauren zollt der Film keinen Tribut, allerhöchstens wenn Rolf im Moment des Todes von El Mansuh dessen Hand greift. Die achte Regiearbeit des Kameramanns Jack Cardiff erweist sich beim Wiedersehen als kleiner, als sie in der Erinnerung an ein frühes Kinoerlebnis (in Technirama 70) war, auch wenn man ihr die Probleme bei der Produktion, von denen Cardiff in seinen ­Memoiren berichtet, nicht unbedingt ansieht.

Der Booklettext von Nicolai Bühnemann würdigt das Werk Jack Cardiffs als Kameramann, vor allem seine Technicolor-Fotografie (u. a. Black Narcissus), aber auch seine dreizehn Regiearbeiten.


The Long Ships USA 1963. R: Jack Cardiff. Da: Richard Widmark, Sidney Poitier, Russ Tamblyn. Anbieter: Koch (Mediabook).
VÖ: 27. Mai 2022

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