DVD-Tipp: »Die Wannseekonferenz«

»Die Wannseekonferenz« (2020). © ZDF / Julia Terjung

© ZDF / Julia Terjung

Ohne Skrupel

In nur 90 Minuten entschieden 15 hochrangige Beamte und Funktionäre des NS Staates am 20.1.1942 über das Schicksal und den Tod von Millionen europäischer Juden. Regisseur Matti Geschonneck rekonstruiert das in seiner Neuverfilmung als Kammerspiel in Echtzeit. Dabei inszeniert er nüchtern, sachlich mit sehr guten Darstellern. Die Bilder des renommierten holländischen Kameramannes Theo Bierkens gehen über handelsübliche TV-Aufnahmen und -Einstellungen hinaus. Der Film hat durchaus Kinoqualität, aber man hat sich in Deutschland daran gewöhnt, die NS-Gräuel eher im TV- oder Serienformat zu zeigen, auch weil diese Filme im Kino oft kaum ihr Publikum finden.

Unterschwellig ist »Die Wannseekonferenz« fast ein Horrorfilm. Der Schrecken besteht in der Jovialität der Sprache und der Abwesenheit fast jeglicher Skrupel. Eine klinische Kälte gepaart mit »Kameraderie«. Vor Beginn des »Arbeitstreffens« fallen dann Sätze wie: »Was macht der Osten? – Zu viele Juden, aber wir arbeiten daran.« Immer wieder ertönen Vokabeln wie »sonderbehandeln«, »wegarbeiten«, »Keime zerstören«. Alles Umschreibungen für einen nie gekannten Massenmord. 

Nur einmal kommt in der von Heydrich (in seiner Jovialität sehr überzeugend: Philipp Hochmair) fast lässig geführten Diskussion Widerspruch auf, wenn sich Dr. Stuckert (exzellent: Godehard Giese) dagegen ausspricht, dass man nun auch noch die im NS-Jargon als Halbjuden, Mischlinge oder Vierteljuden bezeichneten Menschen ebenfalls direkt deportiert und umbringt. Als Kompromiss schlägt Dr. Stuckert dann Zwangssterilisation für 70 000 »Halbjuden« vor. 

Einziges Manko an diesem sehr souveränen Film ist, dass sämtliche Informationen fehlen, was aus diesen 15 Tätern geworden ist. Einige wurden von polnischen oder britischen Militärgerichten zum Tode verurteilt, andere begingen Selbstmord, und Heydrich wurde bereits im Juni 1942 von tschechischen Widerstandskämpfern getötet. Es gab aber auch Teilnehmer, die kaum oder gar nicht verurteilt wurden. Das hätten die Macher durchaus im Abspann erwähnen können. Die DVD kommt leider ohne jegliche Extras. Auch das ist ein klares Versäumnis.





VÖ: 25. Februar 2022

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