Tipp: Dystopien auf DVD

»A Quiet Place 2« (2019). © Paramount Pictures

»A Quiet Place 2« (2019). © Paramount Pictures

Können wir uns ändern?

Einige Science-Fiction-Autoren wie Frank Herbert in »Dune« oder Stephen King in »The Stand« haben schon in den 60er oder 70er Jahren prophezeit, dass die Menschen ihren eigenen Lebensraum systematisch zerstören, und über mögliche Neuanfänge spekuliert. In »The Stand« löscht ein im Militärlabor gezüchtetes Virus 99 Prozent der Weltbevölkerung aus, niemand, der infiziert ist, überlebt hier. Die wenigen, die immun sind, versammeln sich in zwei Lagern, um den Neustart zu organisieren. Während Randall Flagg in New Vegas eine teuflische Diktatur grenzenlos hedonistischer Freiheit mit Sex, Gewalt und Drogen etabliert, stiftet die 108-jährige Seherin Mother Abagail eine göttlich inspirierte Welt des Guten an. 1712 Seiten hatte die ungekürzte Version der Buchvorlage, die Stephen King im Laufe der Jahre immer wieder überarbeitet hat.

Nachdem sie 1994 zum ersten Mal als vierteilige Miniserie verfilmt wurde, folgt jetzt eine neue neunteilige Version, die man in der neuen Blu-ray-Special Edition miteinander vergleichen kann. Während die ältere Version den Eindruck erweckt, dass die überlebenden Menschen allesamt schon vor dem Trauma der Katas­trophe einen ziemlichen Knall hatten, nimmt sich die neue mehr Zeit für komplexere Charakterentwicklung. Das gilt vor allem für die Antipoden von Gut und Böse, die im intensiven Spiel von Alexander Skarsgard und Whoopi Goldberg viel Kraft und Tiefe gewinnen. Viele Szenen übernimmt die neue Serie direkt aus der ersten Verfilmung, wirbelt aber die Chronologie gründlich durcheinander, ohne die Fülle des Materials wirklich schlüssig zu bändigen. Am Ende bleibt die Frage, die Franny stellvertretend stellt: Würden wir irgendetwas anders machen? Sind wir überhaupt in der Lage, uns zu ändern?

Vom postapokalyptischen Amerika führt der Weg in »The Last Journey« ins kleinere Format einer europäischen Dystopie: Auch hier lautet die zentrale Frage, ob es sich überhaupt lohnt, diese Welt zu retten. In seinem Debüt beweist der Franzose Romain Quirot großes visuelles Gespür, mit eindrucksvollen Bildern von einem umgekippten und verrosteten Eiffelturm, Flugzeugwracks und der Hover-Version eines Peugeot 504, der räderlos durch ausgedörrte Wüstenlandschaften schwebt, während im Hintergrund ein malerisch roter Riesenplanet mit weltvernichtendem Potenzial auf die Erde zurast. Etwas wackelig dagegen ist die Dramaturgie geraten.

In »A Quiet Place 2« schreibt John Krasins­ki zusammen mit seiner Frau Emily Blunt als Darstellerin die Geschichte seiner blinden, aber extrem hörempfindlichen Alien-Monster fort und erweitert den Radius von der kleinen Familienzelle auf ein größeres Umfeld mit anderen Menschen und ihren Überlebenstechniken. Auch hier ist das Urteil über die Menschheit ausgesprochen pessimistisch: »Die Menschen, die noch übrig sind und was aus ihnen geworden ist, sie sind es nicht wert, gerettet zu werden«, resigniert der von Cillian Murphy verkörperte Einsiedler. Im Making-of erläutert Krasinski seine Erzählstrategien und führt durch stimmungsvoll verfallene Originalschauplätze, wie ein altes Stahlwerk und einen kleinen Yachthafen. 

Immer näher sind die Science-Fiktionen in den letzten Jahren an die unmittelbare Realität gerückt, mit ganz realen apokalyptischen Plagen und Katastrophen. Das gilt nach Tschernobyl auch für Fukushima. Im gleichnamigen Film rekapituliert Setsurô Wakamatsu die Ereignisse nach dem Erdbeben und Tsunami am 11.3 2011. Erstaunlicherweise wirken die Verantwortlichen und Helfer im Reaktor und in den Konferenzräumen und Kommandozentralen der Politik auch ein Vierteljahrhundert nach dem Unglück von Tschernobyl noch genauso erschütternd kopf- und planlos und naiv. Ob in der Realität oder in den Fiktionen, den Menschen ist einfach nicht zu helfen. 

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