DVD-Tipp: »Standesgemäß«

Das Mannesstammprinzip

Die Schlösser sind lang schon verkauft, die Reichtümer wohl sehr dahingeschmolzen. Der einstmalige Glanz eines großen Hauses, inzwischen spiegelt er sich nur noch im feinen Tafelsilber, im edlen Porzellan, in musealen Möbeln und in den Gemälden an den Wänden der eher eng und unglamourös ausfallenden Behausungen jener drei adeligen Damen, die Julia von Heinz in ihrem Dokumentarfilm »Standesgemäß« porträtiert. Unterschiedlichen Alters zwar bilden sie doch durchschnittliche Heiratsfähigkeit ab; aber sie sind alle drei alleinstehend, weil sie vor dem in ihren Kreisen nicht ganz unerheblichen Problem stehen, dass sie ihren Adelsstand verlieren, wenn sie bürgerlich heiraten. Weil Adel sich nach dem »Mannesstammprinzip« vererbt; und weil dieses Prinzip von der deutschen Justiz als eine Art »Vereinsrecht« betrachtet wird, verstößt es nicht gegen die Gleichstellungsrichtlinien.

In ihrem zweiten Langfilm, der seinerzeit mit dem Bayerischen Fernsehpreis Blauer Panther ausgezeichnet wurde, behandelt von Heinz – im vergangenen Jahr erfolgreich mit »Und morgen die ganze Welt« – die Luxusprobleme einer ohnehin verschwindenden Minderheit. Könnte man sagen. Doch lässt einen die Malaise, in der die Frauen stecken, nicht kalt, insofern besagtes Prinzip zudem noch bedeutet, aus der eigenen Familie aus- und in die des Ehemannes einzuheiraten. Ein feudalistisches Relikt also, das seit Jahrhunderten unverändert Frauenleben einschränkt. Patriarchale Verfügungsgewalt über weibliche Körper, unangetastet noch im 21. Jahrhundert. Da könnte man denn nun doch etwas unrund werden.

Julia von Heinz freilich wahrt die Contenance und macht sich keiner Polemik schuldig, zum Ausgleich hat sie ein ebenso gutes Auge für das Tragische, das im Hintergrund lauert, wie für das Komische, das in den Details liegt. Von hohem Unterhaltungswert ist auch das Bonusmaterial der DVD, in dem Tassilo Graf von Montgelas vom Bayerischen Adelsarchiv die Nuancen des Handkusses erläutert und die Baronesse von Beaulieu Marconnay die Tücken von Anrede und Knicks; alldieweil Gräfin Alexandra von Bredow in perfekt aufrechter Haltung einen Hügel im Frankenland hinan schreitet.

 

 

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