Newsletter 20.08.2020

Mobbing in der Pharmafirma

Mišel Matičević und Sandra Hüller im Psychodrama »Exil«

"Kommen Sie aus Kroatien? Ah, aus dem Kosovo! Interessant." Was soll das genau heißen? Für Xhafer, der einen angesehenen Job als Pharmaingenieur hat, mit einer deutschen Frau verheiratet ist und eigentlich das perfekte Beispiel „gelungener Integration“ sein müsste, sind solche Sätze nicht leicht zu entschlüssen. Eindeutig scheint indes die Botschaft, die er eines Tages auf dem Weg von der Arbeit vor dem gepflegten Reihenhaus vorfindet: Da hängt eine tote Ratte überm Zaun. »Exil«, der dritte Spielfilm von Visar Morina, der selbst aus dem Kosovo stammt, erzählt von Fremdheit und Überanpassung, von positiver Diskriminierung und offenem Vorurteil. Allerdings nicht in einer sozialrealistischen Form, sondern als stilistisch raffiniertes, darstellerisch herausragendes Drama mit einem nicht wirklich angenehmen Protagonisten, der selbst zu Projektionen und Hintergedanken neigt. Interessant.

Film des Monats August »Schlingensief – In das Schweigen ­hineinschreien«

Zum 10. Todestag von Christoph Schlingensief, der in diesem Jahr 60 geworden wäre, kommt nun die Dokumenta­tion der renommierten Editorin Bettina Böhler über ihn in die ­Kinos
Filme der Woche: 

Exil

Eindringliches, stilistisch souveränes Psychodrama über die Identitätskrise eines aus dem Kosovo stammenden Ingenieurs (gespielt von Mišel Matičević) der sich rassistisch angegriffen fühlt: »Exil«

Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien

Bettina Böhlers virtuos montierter Rückblick macht Christoph Schlingensiefs Wirken als ein Leben und Werk umspannendes Gesamtkunstwerk sichtbar, das selbst den Tod noch zu konzeptualisieren versuchte

Die Rüden

Connie Walther wagt es, den naturalistischen Einheitsbrei deutscher Filme hinter sich zu lassen. Ihr Blick auf maskuline Reiz-/Reaktionsmuster fordert heraus, wenn auch ihr Experiment als spekulative Kopfgeburt in Erinnerung bleibt: »Die Rüden«