Kritik zu Töchter

© Warner Bros. Pictures

Die letzte Reise eines todkranken Vaters als komisch-tragischer Roadtrip mit zwei besten Freundinnen, von Deutschland über Italien nach Griechenland

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Hätte Kurt nicht einfach bis zum Ende der grantige Unhold bleiben können, der er ein Leben lang war? Dass der an Lungenkrebs erkrankte Vater (Sepp Bierbichler) sich Geld von ihr geliehen hat, um seine Sterbehilfe zu finanzieren, empfindet Martha (Alexandra Maria Lara) schon als Zumutung, und dann bittet er sie auch noch, ihn ins Schweizer Sterbehotel zu fahren. Weil Martha seit einem heftigen Autounfall nie mehr selber gefahren ist, bittet sie ihre beste Freundin Betty (Birgit Minichmayr) um praktische, aber auch moralische Unterstützung.

Lucy Tanja Fricke, die ihren 2018 erschienenen gleichnamigen Roman als Autofiktion bezeichnet, hat das Drehbuch zusammen mit Regisseurin Nana Neul geschrieben. Da die beiden im ähnlichen Alter wie ihre Heldinnen sind, kann man sich gut vorstellen, dass sie in diesem Projekt auch persönliche Gedanken und Erfahrungen verhandeln. Während das Trio vom kühlen Deutschland über die Schweiz und schließlich ins mediterrane Italien und Griechenland fährt, wird das Licht wärmer und die Stimmung gelöster, was nicht heißt, dass es nicht immer wieder auch zum Streit kommt. En passant wird das Roadmovie dabei zur Lebenstherapie, in der schwierige Verhältnisse zu abwesenden Vätern in Verbindung mit einer generellen Lebensrevision kurz vor dem 40. Geburtstag verbunden sind.

Die Fahrt beginnt mit geografisch und inhaltlich klar definiertem Ziel: eine Klinik in der Schweiz und der geplante Tod des Vaters. Doch dann funken schnell die Unwägbarkeiten des Lebens dazwischen, man trennt sich und findet sich wieder, verliert sich und trifft in neuen Konstellationen wieder zusammen. Den Lago Maggiore würde Kurt gern noch mal sehen: »Papa, ich dachte du willst sterben?«, fragt Martha erstaunt. »Na ja, vielleicht will ich mich noch ein bisschen erholen«, erwidert der und hat heimlich noch einen ganz anderen Plan. Martha muss Abschied nehmen vom Vater, und auch Betty hat im Zusammenhang mit ihrem gerade verstorbenen Erzeuger ein paar Dinge zu klären, weshalb sie auf dessen Spuren eine griechische Insel bereist.

Der Stoff ist ein guter Ausgangspunkt für ein Roadmovie, das sommerliche Leichtigkeit mit tiefgründigen Lebensfragen verzahnt, die Lust des Lebens mit der Tragik des Todes, die letzte Reise des Vaters mit einem Trip von zwei besten Freundinnen. Die Freiheit, sich treiben zu lassen, ohne konkrete Verpflichtungen, gibt dem Film immer wieder für Momente eine entspannte Leichtigkeit mit traurigen und komischen Akzenten.  Nur leider ruckelt es in der Umsetzung immer mal wieder, nie kommt der Film wirklich lässig in den Fluss des Sich-treiben-Lassens. Mal kommen die Wendungen zu abrupt, mal sind die Reaktionen übertrieben, die Szenen zu lang ausgespielt. Überhaupt könnte der knapp über zwei Stunden lange Film etwas Straffung vertragen, und auch die Chemie unter den Schauspieler:innen stimmt nicht immer so ganz, mit Ausnahme von Birgit Minichmayr und Josef Bierbichler, die ihr bayerisches Temperament mit bewährt ruppigem Charme ausspielen.

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