Kritik zu Ruined Heart: Another Lovestory Between a Criminal and a Whore

© Rapid Eye Movies

2014
Original-Titel: 
Ruined Heart: Another Lovestory Between a Criminal and a Whore
Filmstart in Deutschland: 
26.03.2015
R: 
B: 
L: 
73 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Ein Metafilm von den Philippinen: Die lose angedeutete Liebesgeschichte zwischen einem Mafioso und einer Prostituierten arrangiert Regisseur Khavn zum wilden stilistischen Exzess

Bewertung: 3
Leserbewertung
3
3 (Stimmen: 1)

Khavn de la Cruz, gewöhnlich nur als »Khavn« firmierend, ist das Enfant terrible des philippinischen Kinos. Khavn macht Undergroundfilme, in denen sich Pop, Punk und Rock ’n’ Roll zu einer wüsten Melange verbinden. Dabei treffen Genremotive auf wilden Trash, dokumentarische Beobachtungen auf schrille Arrangements, und alles läuft in einem irrwitzigen, übertourigen Tempo ab. Khavns Filme beginnen mit einem Exzess und steigern sich dann langsam.

Ruined Heart, eine deutsch-philippinische Koproduktion, trägt den Untertitel »Another Lovestory Between A Criminal & A Whore«, und damit ist auch schon fast alles gesagt, was dieses 73 Minuten kurze Werk an Narrativem zu bieten hat. Seine sechs Pro­tagonisten – neben dem Verbrecher (»Criminal«) und der Hure (»Whore«) gibt es etwa den »Freund«, den »Pianisten« und den »Paten« – bleiben namenlos und besitzen keinerlei Eigenschaften, die über das Stereotype, Klischeehafte hinausgingen. Eingangs tritt jede Figur in einem thea­tralischen Set-up vor die Kamera und wird mittels Einblendung vorgestellt; für mehr als diese zugleich knappen und vielsagenden Oberflächen interessiert sich der Film nicht. Nicht einmal Dialoge gesteht er den Figuren zu. Im Lauf der Zeit werden sich aus dem eruptiven Schwall der Erzählung dann Bruchstücke der Lovestory herauskristallisieren: dass zum Beispiel der »Criminal« für den Paten arbeitet und ­»Whore« das Mädchen dieses skrupellosen Bosses ist. Dass die beiden sich ineinander verlieben. Und dass das in einer Welt aus Gewalt und Verbrechen, in der das einzelne Leben wenig zählt, ein schwerer Fehler ist.

Khavn also kümmert sich wenig um Charakterisierung und Dramaturgie; das »Another« des Untertitels deutet auf das Formelhafte und Berechenbare solcher Genregeschichten hin – sind sie nicht inzwischen ein wenig langweilig geworden? Khavn reagiert darauf, indem er die Story-Elemente aus ihrer Chronologie befreit und sie bruchstückhaft als Teile einer ungestümen Montage präsentiert. So entsteht eine Art Meditation über Verfolgungsjagden, Schießereien, Partys, Schlägereien, Sex – einerseits ganz abstrakt, weil Khavn alles und jeden aufs Zeichenhafte reduziert, andererseits sehr konkret, weil wir in die schäbige Unterwelt Manilas eintauchen und einiges erfahren über die engen Gassen, die wuseligen Märkte, die zwielichtigen Hinterzimmer.

Das ist, trotz der Kürze des Films, oftmals anstrengend und repetitiv. Von Anfang bis Ende bleibt man Betrachter einer kühlen Versuchsanordnung, die, gedreht in nur vier Tagen in Manila, eigentlich erst am Schneidetisch entstand, wo all die improvisierten, mit unterschiedlichen Digitaltechniken produzierten Bilder zu einem ziemlich langen Videoclip zusammengefügt wurden. Das wichtigste stilistische Mittel von Ruined Heart nämlich ist der dröhnende Score, der weitgehend von dem deutschen Elektropop-Duo Stereo Total und von Khavn selbst stammt. Die Musik ist dabei genauso eklektizistisch wie der ganze Film: radikal in der Form und unbeeindruckt von jeglicher Konvention.

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