Kritik zu The Photograph

© Universal Pictures

2019
Original-Titel: 
The Photograph
Filmstart in Deutschland: 
10.09.2020
L: 
106 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Stella Meghies Film besticht als Romanze für Erwachsene, die ihre Dynamik von Liebe und Arbeit zwischen den Lebenswelten von Louisiana und New York entwickelt

Bewertung: 3
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Der berühmteste Film, der die verborgene Geschichte eines Fotos untersucht, ist »Blow up« von Michelangelo Antonioni. Im Unterschied dazu geht es in »The Photograph« allerdings nicht um ein Verbrechen, sondern eher um den Schlüssel zum Verständnis eines Lebens. 

Eine junge schwarze Frau in einer einfachen Küche in den 80er Jahren in Louisiana: Die aufgenommene Szene wirkt alltäglich und ist doch besonders, denn obwohl sie selbst Fotografin ist, heißt es von ihr, sie habe es nie gemocht, fotografiert zu werden. Auch der junge Journalist Michael Block (LaKeith Stanfield, den manche vielleicht aus »Get Out« oder »Knives Out« kennen), der das Leben von Christina Eames in einem Artikel würdigen soll, bleibt an diesem Foto hängen und folgt dem Sog der ihm innewohnenden Geschichte. 

So lernt er die Ausstellungskuratorin Mae Morton (Issa Rae, die mit ihrer Serie »Insecure« bekannt wurde) kennen, die Tochter der Fotografin, die wiederum einen viele Seiten langen Brief ihrer Mutter hat, der mit den Worten »My Mae« adressiert ist. Die einfache Formulierung bedeutet viel für die Tochter, denn sie hegt einigen Groll gegen ihre Mutter, die ihr ihre Krankheit verschwiegen hat und auch sonst oft distanziert war. 

Während sich zwischen dem Journalisten und der Kuratorin in der Gegenwart aus einer professionellen Unterhaltung langsam ein Flirt und eine Liebesgeschichte entwickeln, wird parallel in Rückblenden die Lebensgeschichte der Fotografin aufgerollt. Dabei stellt sich nach und nach heraus, dass die Lebensläufe zwischen New Orleans und New York miteinander verbunden sind, nicht nur durch die vordergründigen Verwandtschafts- und Arbeitsbeziehungen, sondern auch durch eine sich gleichende Dynamik von Liebe und Arbeit.

Statt diese Geschichte stringent vorwärtszutreiben, tupft Stella Meghie sie eher improvisierend, auf den Wogen eines jazzigen und souligen Soundtracks dahin. Das Ergebnis ist nicht mehr ganz so glatt poliert wie zuletzt in ihrer Teenie-Liebesgeschichte »Du neben mir« (2017). Anders als bei dieser Verfilmung eines Jugendbuchbestsellers von Nicola Yoon hat Stella Meghie das Drehbuch für »The Photograph« selbst verfasst. Dabei ist eine vergleichsweise erwachsene Liebesromanze unter erwachsenen Menschen entstanden, die mit ausreichend Realismus unterfüttert ist, um bei allem emotionalen Schmelz nie kitschig zu werden. 

Etwas Besonderes ist der Film aber vor allem durch die Selbstverständlichkeit, in der Afroamerikaner hier mal nicht als gewalttätige oder Drogen dealende Ghetto-Kids vorgeführt werden, sondern attraktive Karrieren als Museumskuratorin, als prestigereicher Reporter und als anerkannte Fotografin besetzen – und das mit großer selbstverständlicher Souveränität und charismatischer Ausstrahlung. Noch gibt es viel zu wenige Filme wie »The Photograph«, in denen Afroamerikaner einfach nur Liebende mit einer abgesicherten Existenz und einem erfüllenden Beruf sein dürfen. 

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