Kritik zu Merkel – Macht der Freiheit

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Die besten Stellen der Kanzlerinnenschaft: Eva Webers Porträt entpuppt sich als konventionelle und wohlwollende Collage zu Angela Merkels Jahren an der ­Regierung

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Ex-Kanzlerin Angela Merkel dürfte sich unter den PolitikerInnen dieses Jahrhunderts – auch aus ihrer Alleinstellung als Frau und Ostdeutsche auf dem Posten – durch besondere Präsenz in der medialen Öffentlichkeit auszeichnen. Zuletzt gab es im April die von Arte und MDR produzierte, recht gelungene Dokumentation »Angela Merkel – Im Lauf der Zeit« von Torsten Körner. Oder natürlich Herlinde Koelbls großartige Serie fotografischer Porträts aus den drei Jahrzehnten seit 1991, die nach mehreren Ausstellungen nun auch als Buch erschien.

Sechs (leider zum richtigen Hingucken viel zu häppchenhaft geschnittene) von ­Koelbls Fotos leiten auch den Hauptteil dieses Films ein, bevor dann Statements von Tony Blair und Hillary Clinton recht elegant in Ausschnitte diverser TV-Talksendungen aus unterschiedlichen Zeiten (leider ohne Hinweis zum Sendedatum) montiert sind. Dann geht es vom Großen Zapfenstreich mit feuchten Kanzlerinnenaugen und der zackigen Stabsmusikkorps-Interpretation des Schlagers »Du hast den Farbfilm vergessen« auf Nina Hagens schwarz-weiße Originalversion und – nun wieder farbige – atmosphärische Bilder des DDR-Alltags zur Zeit von Merkels Brandenburger Kindheit.

Die Szenenfolge gibt einen Eindruck von der collagierten Machart dieser internationalen Koproduktion, die viel Archivmaterial und kurze Gesprächsschnipsel sorgfältig inszenierter Interviewpartner aus Politik und Presse mit illustrierend-unterhaltsamen Einschüben kombiniert. Dabei verschränkt »Merkel« die Zeitebenen gelungen zu einer thematisch punktierten Erzählung, beschränkt sich aber für das ganz offensichtlich angepeilte internationale Publikum leider auf Szenen und Aspekte, die einigermaßen informierten deutschen Zuschau­erInnen mehr als vertraut sein dürften.

Aber wollen wir wirklich die berüchtigte Szene mit Putins Labrador oder Trumps Schmollen beim ersten Staatsbesuch zum ­x-ten Mal wiedersehen? Überhaupt dominieren die USA und ihr Ex-Präsident (ok, auch Obama kommt oft vor) auf übertriebene Art diesen Film, der sogar mit einer langen Pa­rallelmontage von Merkels umjubelter Rede bei der Verleihung der Harvard-Ehrendoktorwürde 2019 und Trumps verbalen Anti-Merkel-Gehässigkeiten beginnt. Das gibt dem Großmaul ein unnötiges Podium und reduziert Merkel zur anti-trumpistischen Symbolfigur gegen die von ihr genannte »wall of ignorance«. Die widersprüchliche Realität von Merkels restlichem Regierungshandeln kommt dagegen im Film bis auf die bekannte »Wir schaffen das«-Phase (mit den bekannten Bildern) genauso wenig vor wie die spannenden Details ihres Aufstiegs oder gar Blicke in die Hinterzimmer der Politik. 

So sieht »Merkel« an vielen Stellen eher wie ein Imagefilm aus dem Kanzleramt aus. Dazu passt vielleicht, dass Regisseurin Eva Weber bisher im Wesentlichen durch sehr erfolgreiche künstlerische Kurzfilme auffiel. So dürften für viele deutsche ZuschauerInnen in »Merkel« das Interessanteste die einigermaßen ausdauernde Kamerablicke auf Merkels lebendige und die Situation oft ironisch kommentierende Mimik sein, die auf der Leinwand deutlicher als in den üblichen TV-Zusammenschnitten zu studieren ist.

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