Kritik zu Geliebte Clara

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Neu erzählt von Helma Sanders-Brahms: die Geschichte der Pianistin und Komponistin Clara Wieck, die 21-jährig den aufstrebenden Robert Schumann heiratet

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Der deutsche Regisseur Harald Braun favorisierte die romantische Sicht auf den von Kopfschmerzen geplagten Robert Schumann, dessen »Träumerei« den Titel für den 1943/44 produzierten Film abgab. Bei Braun gedeiht die Schöpfung des Mannes, solange die Ehefrau zu Hause bleibt. Erst als Kollege Liszt sie zu einer Tournee überredet, erkrankt Schumann an Depressionen. Der erzkonservative Tadel an der Frau, die ein Künstlerleben begehrt, erschien der NS-Zensur noch zu dürftig. Der Film wurde zunächst verboten. In Song of Love ließ Clarence Brown Katharine Hepburn als liebende Gattin auftreten, die Schumann als siebtes Kind aufzieht. Die »New York Times« zählte den Titel unter die zehn schlechtesten Filme des Jahres 1947.

Helma Sanders-Brahms dagegen macht in ihrer Adaption der fiebrigen Künstlerbiografien eine Menge richtig. »Geliebte Clara« vereint die auseinanderstrebenden Aspekte von zärtlicher Mutterschaft, einer leidenschaftlich geführten Ehe, dem Bewusstsein des eigenen Könnens als Pianistin und Komponistin und der ernüchternden Einsicht, dass die Bedürfnisse der Künstlerin der Ruhe des Künstlers geopfert werden müssen.

Wenn Schumann auf Eingebungen hört, möchte er nicht durch Claras Klavierexerzitien gestört werden. Doch so einfach, wie es sich die Vorläufer gemacht haben, geht es bei Sanders-Brahms nicht zu. Es gibt auch den reuigen Schumann, der seiner Frau ein Klavier schenkt und hinnimmt, dass ihr Ruhm als erster europäischer Star und ihre unglamouröse Disziplin die Familie ernährt haben. Der Film setzt ein, als die Schumanns 1850 nach Düsseldorf aufbrechen, wo der Komponist zum städtischen Musikdirektor ernannt worden ist. Doch das Orchester, das er dirigieren soll, überfordert den kränklichen Schumann. Die »Rheinische Symphonie« steigt in ihm auf und verdrängt, dass er den Ernährer der Familie geben wollte. Clara nimmt Schumanns Arbeit auf. Nicht nur das Orchester, auch der junge Brahms, den sie auf einer Konzertreise entdeckt hat, liegt ihr zu Füßen. Aufgenommen in den Haushalt der Schumanns, wird der Nachwuchsstar vereinnahmt. Die Kinder wollen mit dem Freigeist spielen, der zu wilder Körperlichkeit aufruft, Schumann sieht in ihm seinen Nachfolger, und Clara findet einen Freund. In einer Ambivalenz, die nicht nur zwischen Clara und Brahms Begehren erzeugt, sondern auch die unterschwellig erotische Verstehensorgie der Männer betont, könnte der Film seine Größe entfalten. Wenn nur die exaltierten Gesten nicht wären, in die die Schauspieler sich hineinsteigern. Pascal Greggory missdeutet Schumanns Reise in den Wahn als Ausflug ins Fuchteln, Martina Gedeck zeigt als Clara mehr Dekolleté denn Eros. Die andere Frauengeschichte, die Sanders-Brahms seit ihrem großartigen Film »Deutschland bleiche Mutter« immer wieder erzählt, pocht auch im Grundton der filmischen Komposition auf ein verfeinertes Gehör für die festgelegten, nur unter Qualen verschobenen Tonarten der Geschlechter. Traurig, dass das Schauspiel einer missverstandenen Romantik diese Feinheiten übertönt.

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