Kritik zu Danke für nichts
Mit extravagantem Erzählstil und lakonischem Humor behandelt Stella Marie Markerts Debütfilm auf ungewöhnliche Weise ernste Themen wie psychische Probleme und Suizidgedanken
Katharina, Ricky, Vicky und Malou sind die Heldinnen von »Danke für Nichts«. Oder vielmehr die »Anti-Heldinnen«, denn als strahlende Protagonistinnen des eigenen Lebens kann man sie beim besten Willen nicht bezeichnen. Ricky, lesbisch mit Migrationshintergrund, ist von der Abschiebung bedroht und hat im Allgemeinen Besseres zu tun, als in die Schule zu gehen. Vicky ist wohlstandsverwahrlost, drogen- und männeraffin, bei jeder Party dabei, gefährlich unbekümmert. Dass Malou hochbegabt ist, weiß keiner, weil sie bereits als kleines Kind aufgehört hat zu sprechen. Und Katharina hält alle auf Trab, denn sie hat früh schon beschlossen, ihren 18. Geburtstag nicht zu erleben, und unternimmt einen Suizidversuch nach dem anderen. Allerdings immer so, dass sie rechtzeitig gefunden wird.
Die vier leben in einer betreuten Wohngemeinschaft in einem klischeehaft heruntergerockten Altbau in einem klischeehaft berlinischen Prenzlauer Berg. Und spätestens als der Betreuer der WG, Spitzname »Ballack«, vor Ort eintrifft und ein paar Machtworte spricht, auf die keine hört, stellt sich die Frage nach der Tonlage des Films. Soll die Zuschauerin diesen jungschen Typen im knappen weißen Anzug, der in einem Cabrio herumrauscht, etwa ernst nehmen? Oder ist die Figur als komische Erholung vom schwerwiegenden Geschehen gedacht? Oder ist schon mal die Frage falsch, weil sich im wirklichen Leben ja auch immer alles dauernd vermischt?
»Man muss nicht die Wirklichkeit abbilden, um etwas Wahres zu erzählen«, sagt Regisseurin und Drehbuchautorin Stella Marie Markert, die an der Filmuniversität Babelsberg Spielfilmregie studiert und mit Danke für Nichts ihr Langfilmdebüt vorlegt. Dabei ist der Titel Programm, bezeichnet der Sager doch die – durchaus zynische – Haltung, mit der im vorliegenden Fall die heranwachsende Generation der älteren gegenübertritt. Die wiederum den Jungen mit Regeln, Geboten, Vorschriften begegnet und ganz allgemein verständnislos bleibt. Entsprechend machen die Älteren auch keinen Hehl daraus, dass auf Jugendliche mit eigenwilligen Plänen niemand gewartet hat.
Vor diesem Hintergrund ist das von Markert entworfene Querulantinnen-Quartett stellvertretend zu sehen und sind die Erfahrungen, die es mit der Erwachsenen-Gesellschaft macht, exemplarisch. Zugleich bleiben die vier Mädchen innerhalb ihrer immer wieder ins Groteske überzeichneten Realität auf dem Boden der Tatsachen. Großes Lob gebührt in diesem Kontext den vier jungen Schauspielerinnen, die dafür Sorge tragen, dass ihre Figuren ein Bollwerk der Glaubwürdigkeit bilden. Denn nur so können die Freundschaft und der Zusammenhalt von Katharina, Ricky, Vicky und Malou einen (einigermaßen) sicheren Raum schaffen, innerhalb dessen die Heilung ihrer wunden Seelen möglich ist. Ohnehin nimmt keine:r der Beteiligten das bekanntermaßen gegenwärtig virulente Thema adoleszenter Depression auf die leichte Schulter. Es lässt sich aber besser angreifen, wenn man es mit leichter Hand tut.
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