Kritik zu Black Mass

© Warner Bros.

Wird es das Comeback von Johnny Depp? Scott Cooper (»Crazy Heart«) verfilmt die Geschichte der Bostoner Verbrecherlegende James »Whitey« Bulger, der neben seiner Gangsterkarriere auch jahrelang als FBI-Informant diente

Bewertung: 2
Leserbewertung
2.5
2.5 (Stimmen: 2)

Eine wahre Geschichte und eine fabelhafte Besetzung – was soll da noch schiefgehen, mögen sich die Produzenten gedacht haben, als sie das Projekt zu »Black Mass« durchwinkten. Amerikanische Gangstergeschichten gehen sowieso immer und wenn dazu noch ein Star wie Johnny Depp sich bereitfindet, eine jener Kompletttransformationen in die Unkenntlichkeit zu vollziehen, die bei den Oscars immer besonders gut ankommt, – umso besser.

Johnny Depp also schlüpft in die Rolle von James »Whitey« Bulger, einem berüchtigten Bostoner Verbrecher, dessen Lebenslauf neben den »üblichen« Verbrechen wie Drogenhandel, Schutzgelderpressung und Mord zusätzlich lange Jahrzehnte der Mitarbeit mit dem FBI aufweist. Die korrupte Verzahnung von Polizei und Unterwelt erfuhr in Bulgers Fall eine besondere Zuspitzung: Ursprünglich als noch kleines Licht am Bostoner Gangsterhimmel vom FBI dazu eingesetzt, die dominante italienische Mafia ans Messer zu liefern, ermöglichte genau diese Vernichtung eines Hauptkonkurrenten Bulger den großen Aufstieg zu Bostons Verbrecher Nummer 1. Wem diese letztlich verheerende Strategie aus anderen Beispielen US-amerikanischer Innen- wie vor allem Außenpolitik bekannt vorkommt, liegt in »Black Mass« schon mal falsch: Weder die Regie noch das Drehbuch interessieren sich hier für irgendeine Ebene außer der rein faktisch-biografischen.

Genau deshalb aber erscheint die tatsächlich unheimliche äußere Verwandlung von Johnny Depp wie verlorene Liebesmüh. Mit stechend blauen Kontaktlinsen und einer von graublondem Haarkranz umsäumten Halbglatze ist der einstige Mädchenschwarm zwar nicht wiederzuerkennen. Aber leider bekommt er auch keinen Raum, keine szenische Möglichkeit, um seiner Figur hinter der Maske Dimensionen zu verleihen. Der Film vollzieht vorgeblich sachlich die diversen Wendepunkte von Bulgers Laufbahn nach. Man sieht den in seinem irischen Viertel verhafteten Mann,  der alten Nachbarinnen die Einkaufstasche nach Hause tragen lässt, dessen Entschlossenheit immer auch etwas gefährlich Verführerisches hat. Aber richtig schlau wird man aus ihm nie. Depps Auftritt ist eisig und unheimlich, aber so sehr man die Maskerade auch bestaunen kann, fragt man sich unwillkürlich, ob der Aufwand sich gelohnt hat. Man hätte ja auch jemanden nehmen können, der dem wahren Vorbild von vornherein schon ähnlicher sieht.

Im hochkarätigen Männerensemble – geeint durch seine herrlich verquollen-versoffenen Visagen – glänzen unter anderem Benedict Cumberbatch als Bulgers Senatorenbruder und Kevin Bacon als FBI-Chef. Wie aus der Tiefe des Raums aber spielt sich Joel Edgerton in den Vordergrund. Was auch daran liegt, dass seine Rolle eines vom eigenen Ehrgeiz korrumpierten FBI-Agenten schlicht mehr dramatische Komplexität erlaubt als Depps eindimensional gehaltener Verbrecher.

 

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