Kritik zu Bauer unser

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2016
Original-Titel: 
Bauer unser
Filmstart in Deutschland: 
23.03.2017
L: 
92 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Nach »Unser aller Brot« und »We feed the World« kommt erneut ein österreichischer Dokumentarfilm über die Hässlichkeiten der agrarindustriellen Praxis in Europa in unsere Kinos

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Milchkühe, Schlachtvieh, Legehennen, Broiler oder Mais und alles in ganz großem Stil. In der europäischen Landwirtschaft sind die Arbeitsbereiche mittlerweile klar aufgeteilt, der Allroundbauer ein Auslaufmodell, das nur noch in ökologischen Nischen existiert. Im Kino gibt es ein ganzes Subgenre, das sich die Auseinandersetzung mit der industriellen Agrarproduktion und ihren Antreibern zur Hauptaufgabe gemacht hat. Dabei sind trotz aller Varianten die Motive oft ähnlich standardisiert wie das Objekt ihrer Beschreibung. Sie führen fast unausweichlich vom Bild lasergesteuerter Melkautomaten und überdimensionierter Hühnerbatterien zum Viehtransporter in den Schlachthof, während von Expansionsdruck und Verschuldung betroffene Bauern und eine Auswahl an Lobbyisten und Kritikern zu Wort kommen. Zur Aufmunterung werden nach all dem Jammer ein paar ausgewählte positive Gegenbeispiele präsentiert.

So dürfte man als Zuschauer weder überrascht noch übermäßig enthusiastisch sein, wenn jetzt mit »Bauer unser« wieder ein Film genau dieser Art zu den Abscheulichkeiten heutiger Landwirtschaft auf die Leinwand kommt. Produziert ist er von Helmut Grasser und seiner Wiener Allegro-Film, die schon für Erwin Wagenhofers »We feed the world« verantwortlich waren – und er sieht deshalb wohl auch ein wenig wie Wagenhofer aus: Von den ersten Drohnenblicken auf Agrarindustriefarmen bis zum Lamento gebeutelter österreichischer Milchwirte wird das oben beschriebene hässliche Bild des Metiers ausgebreitet. Das Gute vertreten zwei Biohöfe mit handwerklicher Schafschlachtung, Selbstvermarktung und Gemüsekiste. Auf der politischen Seite sind, außer österreichischen Bürokraten mit den grünen MdEPs Martin Häusling und José Bové und Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, altgediente europäische Aktivisten dabei. Während der irische EU-Kommissar Phil Hogan sich auf die 150 Millionen neuer Konsumenten in Asien und Afrika freut, wird von Agrarrebell Bové auch der Zusammenhang von EU-Agrarwirtschaft und Flüchtlingsströmen angesprochen.

Recht hat er damit. Und auch sonst ist ja leider alles wahr. Also genug der Meckerei, schließlich wächst jedes Jahr ein neues potentielles Publikum heran. Positiv vermerken lässt sich in der Regie von Robert Schabus bei seinem ersten Langfilm die Zurückhaltung beim Kommentar. Erhellend genug etwa der agrarindustrielle Sprech eines Hühnerzüchters, der mit dem Begriff »Ausstallung« euphemistisch und betriebswirtschaftssachlich die Todesfahrt einer Belegschaft gealteter Legehennen zur Suppenhuhnproduktion in den Schlachthof beschreibt. Interessant, aber zu kurz verhandelt sind die Hinweise auf die mächtige Lobbytruppe »Food and Drink Europe«, die heftig an der europäischen Gesetzgebung mitmischt. Vielleicht wäre es für zukünftige Filmprojekte eine sinnvolle Herausforderung, statt des üblichen Generalrundumschlags (oder Einzelporträts netter widerständiger Biobauern) einmal solch einen eher spröden Teilaspekt des Themenkomplexes Landwirtschaft detailliert und anschaulich auszuleuchten.

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