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»Deadly Tropics« (Serie, 2019). © ZDF, Matthieu Guitteaud/ FTV

© ZDF, Matthieu Guitteaud/ FTV

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Manchmal empfiehlt sich ein prüfender Blick, wenn eine TV- oder Streaming-Serie vollmundig als erfolgreich angepriesen wird. Bei Fernsehserien gibt es einen aussagekräftigen Indikator: die Laufzeit. Diesbezüglich ist die britisch-französische Krimiserie »Death in Paradise« (unter anderem in der ZDF-Mediathek) manchem Mitbewerber weit voraus: Sie startete 2011 und wird laut BBC mit der inzwischen zwölften Staffel mindestens bis 2023 im Programm bleiben.

Das Konzept stammt ursprünglich von einem Drehbuchneuling und hat sich bewährt: Ein etwas steifer britischer Ermittler wird auf die von Guadeloupe gedoubelte Fantasieinsel Saint Marie versetzt. Dort hadert er mit der unbeschwerten Lebensart der Kollegen, mit dem Wetter, Getier, eben allem, was in den Tropen so auftritt. Kulturkonflikte, Komik, klassische Kriminalistik werden hier mit leichter Hand vor exotischer Kulisse zusammengewürfelt.

Co-Produzent von »Death in Paradise« ist France Télévisions. Vielleicht dachte sich dort jemand, wenn man schon mal in der Gegend ist … Jedenfalls wird seit 2019 nebenan auf Martinique »Deadly Tropics« (Tropiques criminels) gedreht. Die aktuell in die dritte Staffel gehende Serie ist ähnlich angelegt, aber mit markanten Abweichungen. Hier ist der Neuzugang vom französischen Festland weiblich, schwarz, alleinerziehend. Sohn und Tochter von Commandante Mélissa Sainte-Rose (Sonia Rolland) sind im schulpflichtigen Alter und nicht begeistert davon, dass sie aus dem gewohnten Pariser Milieu herausgerissen und nach Martinique »deportiert« wurden. Für Unfrieden sorgt zudem, dass die Kinder Kontakt zum Vater halten. Der, vormals ebenfalls Polizist, sitzt daheim in Haft, weil er sich als korrupt erwiesen hat. Auch Mélissa war Ermittlungen ausgesetzt, wurde aber rehabilitiert. Nicht die einzige Wolke, die das Leben der Kriminalistin verdüstert.

Ihr Gegenpart in Fort-de-France ist Capitaine Gaëlle Crivelli (Béatrice de La Boulaye), deren Wesen mit burschikos nur dürftig beschrieben ist. Bei der ersten Begegnung schläft sie in der Ausnüchterungszelle ihren Rausch aus – Liebeskummer! –, sie raucht die Joints von Verdächtigen, rüpelt gern Schnösel und Notabeln an und bekommt ständig Ärger, weil die beleidigten Herrschaften sich regelmäßig mit ihrem Vorgesetzten zum Golfen treffen. Die Rabaukin Gaëlle ist, neben ihrem haareraufenden Chef, für die humoristischen Parts zuständig. Was von den Autoren Fingerspitzengefühl erfordert, denn entgegen dem ersten Anschein ist »Deadly Tropics« keine ausschließlich frohgemute Sonnenscheinserie. Die Polizistinnen begegnen sexueller Gewalt am Arbeitsplatz, Homophobie, müssen sich mit Lebensentwürfen älterer Menschen auseinandersetzen. Gewaltverbrechen werden hier nicht verharmlost, die tödlichen Verletzungen der Opfer deutlich ins Bild gerückt.

Eine Gratwanderung, auf die sich die Autoren um die Erfinder Eric Eider, Ivan Piettre, Thierry Sorel eingelassen haben. Und die sie im Gros recht ordentlich meistern.

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