Muskelspiele

Es kann gut sein, dass dieser Satz einmal in die Geschichte eingehen wird als die beschämendste Entschuldigung überhaupt: "Ich bitte um Verzeihung, Taiwan ist kein Land." Andererseits soll man mit Superlativen vorsichtig umgehen. Es kann immer noch schlimmer kommen, zumal in unserer an Heuchelei wahrlich nicht armen Epoche. Schließlich wissen wir seit Ödon von Horvath, dass nichts ein größeres Gefühl von Unendlichkeit vermittelt als die Dummheit.

Zu dem oben zitierten, fürwahr bemerkenswerten Widerruf sah sich dieser Tage John Cena genötigt, einer der Stars des jüngsten Kapitels der "The Fast and the Furious"-Saga. Nachdem er arglos verkündet hatte, der Inselstaat sei das erste Land, in dem der voraussichtliche Blockbuster startet, schlug ihm aus Festlandchina ein Shitstorm entgegen, der sich gewaschen hatte. Als ehemaliger Catcher müsste er eigentlich mit Sphären des Feingefühls vertraut sein, die unsereins ewig verschlossen bleiben werden. Aber es war ihm wohl schlicht entgangen, dass seine Feststellung der Staatsräson der Volksrepublik widerspricht. In Hollywood, das sich ihr gegenüber gern diplomatisch zeigt, vergisst man so etwas seit geraumer Zeit nicht mehr. Postwendend korrigierte sich Cena und verneinte, dass es sich bei dem Territorium um einen souveränen Staat handelt. Das Ritual der Selbstbezichtigung steht im kommunistischen China ja nach wie vor hoch im Kurs. Und in seiner Leugnung liegt eine tiefere Weisheit. »The Fast and the Furios 9« hat bei seinem Startwochenende in China rasante 137 Millionen Dollar eingespielt. Was zählen dagegen die Lichtspieltheater einer kleinen Demokratie?

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