Buch-Tipp: Thomas Koebner – Masken, Puppen und einsame Kinder

Gut getarnt

In der Kultur- und Filmgeschichte öffnet sich zwischen den Figuren des bösen Clowns und des vermummten Ritters / Retters ein weites Spektrum an maskierten Ungeheuern und Heilsbringern«, schreibt Thomas Koebner im Vorwort zu dem kleinen Buch, in dem er seine Erkundungen über filmische Motive und Themen fortsetzt. Die erste Hälfte des wie immer kurzweilig und klug geschriebenen Bandes ist ein flotter Ritt durch die Motivgeschichte der Masken, von den Intrigenspielen der »Gefährlichen Liebschaften« über die verunstalteten Körper von Quasimodo und Frankensteins Monstren bis zu den Wasserkreaturen von Jack Arnold oder Guillermo del Toro, mit fließenden Übergängen zwischen Verkleidung und Verwandlung. Lebendige Beschreibungen und Analysen von Filmszenen sind mit philosophischen und psychologischen Interpretationen verwoben. Es folgen Passagen durch die Varianten von Maske und Tarnung, mit den animalisch-triebhaften Erscheinungsformen des Männlichen in »Die Schöne und das Biest« oder »King Kong«, dem Motiv des maskierten Retters und dem Spiel mit Geschlechterrollen von »Charleys Tante« bis »The Crying Game«. Das Thema wird in seiner ganzen Komplexität aufgefächert, wobei man sich immer wieder wünscht, dies wäre nur die Skizze für einen prächtigen Bildband mit tiefergehenden, systematischen Analysen. 

Im zweiten Teil des Bandes widmet sich Koebner dann Film für Film den unheimlich lebendigen, verführerischen oder therapeutischen Puppen des Kinos, mit kurzen Analysen etwa von Lubitschs »Die Puppe«, Fellinis »Casanova« oder Craig Gillespies »Lars and the Real Girl«. Nicht ganz schlüssig schließt der Band mit einem dritten Komplex über einsame und vernachlässigte und darum verstörte und verstörende Kinder, der die Umarbeitung und Ausweitung eines bereits in dem Sammelband »Film/Bild/Emotion« (hg. von Marcus Stiglegger und Christoph Wagner) veröffentlichten Aufsatzes ist. Nach kleinen Exkursen über literarische und psychologische Ausdeutungen des Themas und die Grenzen und Möglichkeiten des kindlichen Schauspiels rückt der Text wieder näher und lebendig erzählend an die Filme heran, mit kleinen Kapiteln unter anderem über verwilderte Slum- und Waisenkinder.


 

Thomas Koebner: Masken, Puppen und einsame Kinder. Schüren, Marburg 2023. 132 S., 18 €.

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